Anlass dieser Veröffentlichung ist vermutlich die Magisterarbeit der Autorin zum Studium der Erziehungswissenschaften und auf jeden Fall ein deutlich spürbares eigenes Forschungsinteresse am Thema "Supervision und Coaching für Frauen in Führungspositionen". Denn jenseits des Forschungsinteresses wird durchaus das Anliegen, Frauen zu ermutigen, sich verstärkt für solche Führungspositionen zu interessieren, diese zu besetzen und ihnen für die zu erwartenden Schwierigkeiten einen Eindruck von den möglichen Unterstützungsformen in Supervision und Coaching zu geben, spürbar. Wie das funktionieren kann und welche Art von Themen gemeinsam erfolgreich im Beratungsprozess bewältigt werden können, dazu wurden acht Führungsfrauen aus Non-Profit-Organisationen im sozialen Bereich als "Expertinnen" interviewt.
Der erste Teil des Buchs liefert mit drei Kapiteln zu Begrifflichkeiten, inhaltlichen Einführungen und Ausführungen zur Methode der qualitativen Forschung zunächst einmal die akademischen Notwendigkeiten einer solchen Arbeit und ist für den geneigten Leser eher eine merkwürdige Erinnerung an die eigene universitäre Ausbildung und Abschlussarbeit. Andere wird es eher langweilen.
Für interessierte Führungs- und Fachfrauen, die sich mit Supervision und Coaching beschäftigen, wird es erst im vierten Kapitel spannend, in dem das Forschungsdesign und das erhobene Forschungsmaterial beschrieben werden. Die Autorin geht von der Vermutung aus, dass es für Frauen auf jeden Fall anders ist, in zumeist noch männerdominierten Hierarchien eine Führungsfunktion auszufüllen. Sie formuliert zwei Hypothesen: Es gibt viel zu tun in puncto "soziale Leitungskompetenz" und "gegen die Einsamkeit".
Die acht Frauen repräsentieren eine scheinbar gute Altersverteilung (37 - 46 Jahre). Eine echte Einschränkung stellt allerdings dar, dass sie alle in Non-Profit-Organisationen im sozialen Bereich zuhause sind. Das schränkt natürlich die mögliche Übertragbarkeit der Ergebnisse auf Profit-Organisationen ein. Denn wer einen generelleren Einblick zum Thema "Weibliche Führungskräfte" vom Buch erwartet hatte, wird so enttäuscht, da es hier um einen recht speziellen Ausschnitt geht: Gerade im Non-Profit-Bereich sind Frauen in Führungspositionen im Verhältnis zu beispielsweise international agierenden börsennotierten Konzernen weitaus eher akzeptiert. Die Repräsentativität der Aussagen für den "Rest der Wirtschaft" darf man folglich durchaus in Frage stellen.
Im Weiteren präsentiert die Autorin unter den Überschriften des Interview-Leitfadens in Zitatform und mit entsprechender Gewichtung, was und wie die Frauen antworteten. Gelegentlich wird dies um ein Schaubild zur Zufriedenheit mit den Ergebnissen des Beratungsprozesses (diese ist durchweg hoch) ergänzt. Zudem erfolgt eine Clusterung von förderlichen Faktoren auf Seiten des Coachs bzw. der Coacherinnen, denn diese waren ebenfalls meistens weiblich: Strukturiertheit, Zeitmanagement, Verständnis und Umfeldwissen, Arbeitsgespräch statt Therapiesitzung und volle Präsenz sind die Themen - und natürlich: das hohe Vertrauen in die Person und Professionalität des oder der ausgewählten Coachs/Supervisoren.
Im Anschluss werden die Hypothesen überprüft. Die meisten ließen sich verifizieren, was aber erst in der resümierenden Einordnung deutlich wird: Wirklich wichtig - und damit als erfolgreich für die Bewältigung der anfallenden gebündelten Anforderungen einer Führungsfunktion bewertet - sind weder Begrifflichkeiten noch Methodenvielfalt, sondern die konstante und vertrauensvolle Begleitung durch einen Profi, mit dem alle anfallenden Themen besprochen, beleuchtet, Veränderungsmöglichkeiten überlegt, gefunden und umgesetzt werden können.
Doch die zum Schluss erhobene Forderung nach Standards, klarer Abgrenzung der Angebote Supervision, Coaching und Therapie und der Aufruf an Ausbildungsinstitute, dem nachzukommen, gehört hier so gar nicht hin, da er nachgewiesenermaßen gar nicht gefordert wurde. Die hier angemeldete Sorge um mangelnde Seriosität auf Anbieterseite ist offenbar Ausdruck einer persönlichen Befürchtung der Autorin.
Die Führungsfrauen jedenfalls haben sich Jemanden unabhängig von der konkreten Bezeichnung der Beratungsform gesucht. Sie fühlen sich gut unterstützt und erlebten Erfolge im weitestgehend ergebnisoffenen Prozess. Und das, obwohl (!) sie zusätzlich zur eigentlich anstrengenden und oft einsamen Führungsfunktion noch gesellschaftliche und geschlechtsspezifische Vorurteile mit bearbeiten mussten und wollten.