Cover: Der Coach. Das Buch von der Arbeit eines Coachs für das eigene erfolgreiche Coaching. Ein Sachroman. Bonn: managerSeminare.
Dieter Heitsch

Der Coach. Das Buch von der Arbeit eines Coachs für das eigene erfolgreiche Coaching. Ein Sachroman. Bonn: managerSeminare.

Rezension von Dr. Konrad Elsässer

4 Min.

Ein Buch zwischen Baum und Borke: Je nachdem, worauf man sich gefasst macht bei einem "Sachroman", wird man mehr das eine oder das andere finden. Vergnüglich lesen lässt sich das Buch, auch wenn manchmal der Wechsel der Kunden oder Klienten des Romanhelden und Meister-Coachs Maik Hermann etwas verwirrt. Doch da ist die Vorstellung der handelnden Personen auf Seite 11 hilfreich. Sie sind sich nämlich untereinander häufig bekannt, spielen gemeinsam Golf, empfehlen weiter, spielen den Ball auf die nächste Ebene im Unternehmen, verschaffen einander eine neue Position oder verlieben sich. Cosí fan tutte.
Was die Lektüre auch erleichtert, sind die mitlaufenden Überschriften über den einzelnen Kapiteln, die einerseits die handelnden Personen hervorheben, andererseits die Themen benennen, die in diesem Abschnitt abgehandelt werden (Nachwuchsförderung, Personalauswahl, Partnerschaft und Kinder, Konfliktmoderation, Führungsverhalten; Potenzialanalysen, Organisationsentwicklung usw.).
Die Hauptfigur des Romans ist der Coach Maik Hermann. Ein "Vorbild", ein "Königsmacher". Das Bild, das von ihm gezeichnet wird, soll ihn als souveränen, wirtschaftlich und von andern Meinungen unabhängigen, eigenständigen und selbstverantwortlichen Gesprächspartner zeigen, der gerne und gut Golf spielt, der schnelle Autos und Oldtimer liebt - "hört das Brabbeln des Achtzylinders" auf Seite 365 - und der gerade ein Haus außerhalb von Hamburg gebaut hat, wo er und seine Frau Anke leben. Es ergibt sich dann aber ein doch sehr traditionelles Rollenbild - von den politischen Ansichten des Meister-Coachs zu schweigen. Der Mann verdient das Geld und den Ruhm, die Frau ist zu Hause. Immerhin beschwert sie sich, zieht aus, der Mann ist einsichtig und hört dann mit 60 mit seiner Arbeit auf: "zur Begleichung einer Schuld", wie er schreibt. - Doch rätselhaft bleibt die Biografie des Helden: Über seinen beruflichen Werdegang, wie er seine Qualifikationen erworben hat, ist nichts zu erfahren.
Die Partner des Romanhelden und Kunden sind der Vorstandsvorsitzende Dr. Dieter Schmidt, der den Coach auf verschiedenen Ebenen nutzt, ihn mit anderen Kunden zusammenführt und zum Schluss sein Freund wird. Ähnlich wichtig ist Helmut Haber, dessen Nachfolgeregelung mit dem Tode des Sohnes eine dramatische Wende nimmt. Der Coach gewinnt darauf hin jedoch nicht nur die Tochter für die Nachfolge, sondern lernt selbst für seinen "Rückzug aus dem beruflichen Alltag". Weitere Personen bevölkern den Roman - sie kennen entweder Schmidt oder Haber. Auffallend ist die positive Einstellung dieser Chefs dem Coaching gegenüber. Bei Subalternen muss dagegen manchmal Überzeugungsarbeit geleistet werden - dann aber sind auch Wunder wie nach Burnout und Alkoholismus möglich.
Der Vorteil ist dieser Vernetzung ist, dass sich der Romanheld nirgends um Akquise bemühen muss. Er lebt wohlhabend in einer schönen Welt, gibt sein Erfahrungswissen an die jüngere Generation in Vorlesungen weiter - und könnte "noch viele Bücher schreiben" - aber halt, das ist der Autor! Das Foto eines sympathisch lächelnden Mannes auf dem Cover und das des Autors auf der Rückseite unterscheiden sich jedoch markant…
Der Roman zeichnet ein Bild von Coaching, aufgrund des Renommees oder Bekanntheitsgrades des Coachs, aufgrund von Vertrauen, ohne klare Verträge, ohne Professionalisierung, ohne Kontext eines Verbands, ohne Bezug zu Theorie, kombiniert mit Training und Instrumenten aus der Organisationsentwicklung (teils auch mit brauchbaren Check-Listen oder Fragekatalogen, aber unscharf in der Differenzierung), mit unzureichender Klärung von Anliegen und ungenügender Kontraktbildung, mit Einladung in das Privathaus des Coachs (dessen Ehefrau das Essen serviert oder den Kaffee), das gleichzeitig auf verschiedenen Ebenen in einem Unternehmen stattfindet, wobei die Grenzen der Vertraulichkeit nicht thematisiert werden, für das eine Ausbildung in nur 13 Tagen offensichtlich ausreichend ist… Im Zentrum dessen steht ein Alles-Könner, der zu jedem Thema etwas sagen kann, der viele Fragen auf einmal stellt, für den Reflexion und Feedback offenbar nicht zum Coaching gehören.
Ob man ein solches Buch empfehlen soll? Was die Kritik mildert, ist der flüssige erzählerische Duktus, in dem betriebliche Situationen und Veränderungsprozesse beschrieben werden, wenn auch häufig idealisiert und stilisiert im Sinne von "good news". Der "Sachroman" ist also eine geeignete Lektüre für Menschen, die gerne leicht geschriebene Romane mit einem Helden lesen.
Was jedoch der Untertitel verheißt, ist das Buch von Heitsch bestimmt nicht: "Das Buch von der Arbeit eines Coachs für das eigene erfolgreiche Coaching"(sic!). Es ist das Buch von der Arbeit eines Alleskönners, eines beratenden Hans Dampf. Ein "eigenes erfolgreiches Coaching" (was immer das sein mag) wird es wohl kaum inspirieren können. Da ist solide Klärung von Anliegen, Aufträgen und Zielvorstellungen notwendig. Die Arbeit von Coachs ist eben doch kein Roman.

Dr. Konrad Elsässer

Senior Berater, Schwertl & Partner, Frankfurt am Main
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