Cover: Praxishandbuch systemisches Gesundheitscoaching. Grundlagen, Methoden und Anwendungsbeispiele
Ute Zander-Schreindorfer

Praxishandbuch systemisches Gesundheitscoaching. Grundlagen, Methoden und Anwendungsbeispiele

Rezension von Torsten Ferge

4 Min.

Die Statistiken verzeichnen einen Anstieg von Krankheitstagen nicht wegen physischer Beschwerden von Mitarbeitenden, sondern wegen psychischer Belastungen. Die Frage der mentalen Gesundheit wird für unsere Arbeitswelt größer und lauter. Darauf antwortet Ute Zander-Schreindorfer mit ihrem „Praxishandbuch systemisches Gesundheitscoaching. Grundlagen, Methoden und Anwendungsbeispiele“ und entwickelt anschauliche Gesprächshilfen und -erläuterungen. Im besten Sinne bietet sie Psychoedukation für Coaches und Führungskräfte. 

Zander-Schreindorfer ist Diplom-Psychologin und geschäftsführende Gesellschafterin einer Consultingfirma und leitet in dieser Rolle Projekte zum Change Management, zum Betrieblichen Gesundheitsmanagement und in der Führungskräfteentwicklung. Die systemische Organisationsentwicklerin, Wirtschaftsmediatorin und Betriebliche Gesundheitsmanagerin arbeitet mit Fokus auf gesunde Führung, mentale Stärke und Selbstmanagement. Daneben berät sie als Systemische Therapeutin, Hypnotherapeutin und Lehrsupervisorin in eigener Praxis und lehrt Mediation und Coaching an Hochschulen in Hamburg und Erding. 

Das Taschenbuch im Umfang von 207 Seiten ist stabil gebunden und lädt mit einem frischen, farbigen Cover zum Lesen ein. Dem Inhalt ist eine Einleitung voran- und ein Glossar sowie drei Seiten Literaturverzeichnis nachgestellt. Im Hauptteil mit sieben Kapiteln werden Gesundheitsgespräche aufgeschlüsselt nach der systemischen Theorie, konkreter Praxis sowie zum Umgang mit Widerstand und Schwierigkeiten, zur Rolle der Führungskraft sowie zur Verzahnung mit der Organisation. Am Beginn jedes Kapitels nimmt ein Ausblick und am Ende eine Zusammenfassung die Leserin und den Leser an die Hand. Kernsätze sind am Rand eingerückt. Tabellen und Visualisierungen veranschaulichen dargestellte Inhalte. Beispiele und Fallvignetten sind durch eine andere Schriftart abgesetzt. 

Das Praxishandbuch erläutert kurz systemische Grundlagen sowie das Modell der Salutogenese von Antonovsky sowie Ansätze zur Resilienz. Es stellt das Zusammenspiel von Psyche, Körper und sozialem Kontext in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. Die Phasen eines Gesundheitsgesprächs werden dargestellt und reflektiert. Beispielhafte Fragen vermitteln den Lesenden das Vorgehen im Coaching. Methoden wie das Tetralemma oder die Zieldefinition mit KRAFT statt SMART werden erläutert. Auch das Salutogenese-Modell erfährt eine nachvollziehbare Aktualisierung. Der Fokus liegt immer wieder auf der Ressourcenorientierung. Dabei werden Widerstände des Klienten gegen Veränderungen mitgedacht. Es gibt sogar die Erlaubnis zum Rückfall. Ansätze zur organisationalen Veränderung werden eingeräumt, wenn die Führungskraft aktiv einbezogen wird und ihre Funktion im Mitarbeitergespräch vermehrt Coaching-Anteile aufweist. 

Das Buch lässt den Rezensenten dennoch unzufrieden zurück. Nicht weil es schlecht ist, sondern weil es an zu vielen Stellen nicht ausreichend in die Tiefe geht. Eindrucksvoll sind die praxisnahen Beispiele und Fragen, die dem Coach viele Anschlussmöglichkeiten geben. Immer wieder eröffnen sich Aha-Erlebnisse, weil die Erfahrung der Autorin aus der Praxis spürbar wird. Positiv fallen die konsequente Ressourcenorientierung, die gendergerechte Sprache sowie der Verweis auf Apps und Wearables auf. Vielleicht richtet sich das Buch eher an Führungskräfte als an Coaches, da es Einblicke in die Grundlagen des Coachings mit enger Verknüpfung an die Praxis bietet. Ein gutes Begleitbuch für ein entsprechendes Managerseminar. Für einen Coach springt das Buch allerdings trotz guter Ideen immer wieder zu kurz. Konzepte werden eher knapp angerissen als fundiert dargestellt. Gute Ideen zum Coaching für die Führungskraft werden nicht weiter entfaltet. Das Buch bietet Potenzial für den doppelten Seitenumfang – zumal es sich als Handbuch labelt. Der Seitenrand ist für ein Taschenbuch sehr großzügig geraten und verschenkt viel Platz. Einige Grafiken und zugehörige Beschriftungen sind klein bis unlesbar. Zu viel fühlt sich nach verpasster Gelegenheit an, hier darf gerne nachgebessert werden. 

Fazit: In kompakter Form stellt die Autorin Grundlagen und Beispiele des Gesundheits-Coachings vor. Das Buch steckt voller starker Ideen und Konzepte. Leider lässt der Text offen, an welche Zielgruppe er sich richtet. Vertiefungen wären wünschenswert – Diskrepanzen dürften mit einer überarbeiteten Auflage ausgeräumt werden. Dennoch gilt: Mentale Gesundheit geht uns alle an.

Torsten Ferge

Coach und Supervisor
www.ferge-coaching.de 

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