In Christopher Nolans Heist-Film „Inception“ aus dem Jahr 2010 versucht eine kleine Gruppe hochintelligenter Krimineller eine bestimmte Idee in das Gehirn einer Zielperson zu pflanzen: die titelgebende Inception. Mit großartigen Bildern illustriert Nolan philosophische Fragen nach Realität, Traum und Identität. Martin Gudacker legt mit seinem Buch „Achtung Glaubenssatz“ eine Art Anleitung zur Inception im Coaching vor – ganz legal, transparent und ohne filmische Traumebenen. Und natürlich mit Einverständnis des Klienten. Er fragt: Kann sich der Glaubenssatz des Klienten durch Reflexion und systematisches Vorgehen ändern? „Ja!“ ruft Gudacker auf jeder Seite und schreibt sein Programm direkt in den Untertitel: „Wie Sie in Ihrem Coaching mit einer wirksamen Methode tiefgreifende Veränderungen erreichen“.
Reden wir kurz über die Form: Mattiertes, wertiges Papier umschließt die 320 Seiten des Buches. Einleitende Worte findet der emeritierte Paderborner Professor Eckard König. Das Buch gliedert sich in drei ca. einhundertseitige Teile überschrieben mit (1) Wirkungslos, (2) Wirksam, (3) Weiterwirkend – mit insgesamt 15 Kapiteln. Ergänzt und erweitert wird der Text durch einen Serviceteil und dem Verzeichnis der „Downloadressourcen“. Letzterer mit 1.700 gesammelten Glaubenssätzen. Die Kapitel sind sorgfältig gesetzt und gegliedert. Stichworte am Rand laden den Leser zur nichtlinearen Lektüre ein. Das Glossar am Ende bietet kurze Erläuterungen und die Literatur gibt Auskunft über die Quellen. Nicht zuletzt hilft ein Stichwortverzeichnis bei einer schnellen Suche zwischendurch weiter. Jedes Kapitel schließt mit einem Fazit.
Gudacker ist gelernter Banker und Betriebswirt. Er hat über die Moderationsausbildung und die Beschäftigung mit NLP den Weg zur systemischen Organisationsberatung und Coaching gewählt. Seit 1992 ist er als Coach und Berater selbstständig und begleitet Unternehmen in Change-Prozessen sowie bei der Konzeptentwicklung und -umsetzung. Eines seiner vielen Trainingsangebote ist die Unterweisung von Führungskräften in agiler Transformation.
Inhaltlich hat das Buch einiges zu bieten. Gudacker definiert Kriterien für die zu findenden Glaubenssätze, benennt die Vorteile und erläutert das dazu notwendige methodische Portfolio. Kern des beschriebenen Vorgehens sind fünf Schritte: (1.) das Erkennen eines Glaubenssatzes als Ursache für bestimmte Probleme, (2.) die passende Formulierung finden, (3.) Vor- und Nachteile des Glaubenssatzes transparent machen, (4.) einen sinnvollen und hilfreichen Er-Satz finden und (5.) die Veränderung im Unbewussten durchführen. Gerade beim letzten Schritt setzt Gudacker methodisch auf Imagination, EFT (Klopftechnik) und EMDR (schnelle Augenbewegungen). Diese Methoden erfordern viel Kompetenz, Training und Erfahrung beim Coach. Praktisch illustriert er sein Vorgehen im letzten Abschnitt anhand eines Fallbeispiels, das die fünf Schritte nachzeichnet.
Zugänglich ist das Buch durch einen übersichtlichen Drucksatz und die klare Sprache. Leider wird manche Selbstverständlichkeit als neue Idee präsentiert. Gudacker gelingt es, das Für und Wider einzelner Methoden und Ansätze im Hinblick auf die Wirksamkeit für sein Programm abzuwägen und zu bewerten. Dennoch wäre die stärkere Glättung des Textes und die Streichung von Redundanzen wünschenswert gewesen. Spürbar ist Gudackers redliches beraterisches Programm, seine Mission. Stärker zur Geltung käme diese durch geringere Streuung vermeintlich guter Ideen und spürbar mehr wissenschaftliche Systematik und Begründung. Darauf weist bereits König im Vorwort hin.
Fazit: Gudacker gelingt es nur teilweise, seine Mission für wirksame Veränderungen durch die Arbeit an Glaubenssätzen von Klienten in eine handliche Anleitung zur „Inception“ zu überführen und diese dem Coach an die Hand zu geben. Eine wissenschaftliche Evaluierung von Vorgehen und Methodik ist zudem erforderlich.
Torsten Ferge
Coach und Supervisor
www.ferge-coaching.de