Cover: Beratung als Kunst - Kreative Spielräume in Supervision, Coaching und Organisationsberatung
Harald Puehl, Klaus Obermeyer

Beratung als Kunst - Kreative Spielräume in Supervision, Coaching und Organisationsberatung

Rezension von Janine Wunder

3 Min.

Ist Beratung Kunst, weil Kreativität oder Ästhetik ins Spiel kommen? Welche Anknüpfungspunkte können gefunden, welche Abgrenzungen müssen gezogen werden und was sagen bildende Künstlerinnen und Künstler dazu? Ein spannendes Feld, das vom Herausgeberteam Harald Pühl und Klaus Obermeyer in der Publikation „Beratung als Kunst“ facettenreich bespielt wird. 

Die spezifische Einmaligkeit jedes einzelnen Beratungsprozesses legt die Vermutung nahe, dass dessen Durchführung mit einer hochqualifizierten Fertigkeit und „Kunst“ gleichgesetzt werden könnte. Gleichzeitig gibt es viele Möglichkeiten, mit den Begrifflichkeiten Gestaltung, Kreativität und Spielraum kontrovers umzugehen, sie zu durchleuchten und dies zu widerlegen.

Im ersten Teil „Zum Verhältnis von Kunst, Ästhetik und Beratung“ rahmen Fritz Böhle, Marie-Kristin Kaschig, Petra Krings, Manuela Meier, Klaus Obermeyer, Anusheh Rafi, Anne Schreiber und Lara Schulze das Thema in ihren Beiträgen theoretisch ein, u.a. durch den vergleichenden Blick auf die Improvisation in der Musik; anhand des „subjektivierenden Handelns“ in Arbeitsprozessen; als Plädoyer für die Anerkennung von Schönheit in der Beratung; mit einer entschiedenen Verteidigung der Künste gegen ihre instrumentelle Vereinnahmung; durch die Darstellung von Ästhetik als Ordnungskoordinate der Gesellschaft; über mögliche Inspiration von Schauspielkunst auf Coaching und Prozessberatung; wie sich Intuition im Schach formt und warum sie durch ästhetische Wahrnehmung beeinflusst wird.

Der zweite Teil beschreibt Berührungspunkte zwischen Kunst und Beratung in der Praxis. In den „Grenzerkundungen“ lassen uns Antje Boijens, Katharina Müller, Harald Pühl, Jochen Reich, Inge Marlen Ropers und Katrin Thorun-Brennan teilhaben an ihren Erfahrungen mit Methoden der Bildbetrachtung, der Arbeit mit Symbolen, der Entwicklung eines Workshops zum Thema Zusammenarbeit anhand der „Achtsamen Fotografie“, Analogien zwischen dem Kunstverständnis von William Kentridge und Beratung in der Praxis, spannend ist z.B. die Betrachtung des metaphorischen Raums. Hinzu kommen eine Fallbeschreibung aus dem kunstanalogen Coaching, der Widerspruch zu den Abgrenzungskriterien „zielorientiert“ und „zweckfrei“ und der Versuch einer „lauschenden“ Haltung in der Beratung und eines „musikalischen Denkens“.

Neben Einstimmung und Nachklang werden insgesamt 12 Kapitel auf 233 Seiten von den Autorinnen und Autoren vorgestellt, die ungewohnte und besondere Blickwinkel sowie Potenzial zum Weiterdenken und Diskutieren bieten. Die Bandbreite reicht von praxisnahen Einblicken bis zu etwas sperrigen Passagen, die stärker wissenschaftstheoretisch geprägt sind. 

„Das Missbräuchliche, das in einer Analogstellung von Kunst und Beratung liegt, hat sich mir (…) immer weiter erschlossen. Dennoch verzeihe ich mir meine Neigung, mich als Berater bei den Künsten anzulehnen. Ich verbinde mit ihnen Qualitäten wie Freiheit des Ausdrucks, Respekt vor dem Rätselhaften und auch den Versuch, in der Tiefe zu berühren“, so Herausgeber Obermeyer selbst zum Diskurs (S. 216).

Eine abschließende Antwort, ob Beratung eine Kunst ist oder nicht, bekommen die Lesenden also (zum Glück!) nicht. Eine Einordnung der Begriffe und mancherlei Herangehensweisen schon. Der Diskurs ist so abwechslungsreich wie unvollständig und lädt auf erfrischende Weise dazu ein, über das Buch hinaus Anknüpfungspunkte in der eigenen Praxis oder Theorie zu finden.

Fazit: Eine vielfältige und anregende Zusammenstellung zur Auseinandersetzung, Abgrenzung und Anerkennung der Anwendungsbereiche und Überschneidungen im Diskurs Kunst und Beratung.

Janine Wunder

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