„Eine unpassende Ausdrucksweise ist ein sicheres Mittel, in einer Verwirrung stecken zu bleiben. Sie verriegelt gleichsam den Ausweg aus ihr“ (Wittgenstein).
Mit dieser Aussage markiert Wittgenstein eine auch für das Coaching wichtige Erkenntnis: Die Art und Weise, wie wir uns sprachlich ausdrücken, hat einen maßgeblichen Einfluss auf unser Denken, Fühlen und Handeln. In der Sprache drücken sich Orientierung und Haltung aus, die den (manchmal problematischen) Bezug zur Welt, zu anderen Menschen und zu sich selbst formen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei metaphorischen Formulierungen zu. Sie ermöglichen es, die Welt, andere Menschen und uns selbst zu verstehen und strukturieren auf dieser Basis unser Handeln. Wir leben förmlich in Metaphern, wie es Lakoff und Johnson schon 1980 in ihrem Buch „Leben in Metaphern“ eindrucksvoll beschrieben haben.
Das Buch „Bilder bewegen – Coaching mit Metaphern“ beschreibt theoretisch fundiert und praxisnah, wie es im Coaching mithilfe von Metaphern gelingen kann, eine Sensibilität für Sprachbilder zu entwickeln und welches Potenzial die Fokussierung metaphorischer Ausdrucksweisen für die Problemklärung und -lösung hat. Im Mittelpunkt steht die Begründung und praktische Gestaltung eines „metaphernsensiblen Beratungsstils“ (S. 11).
Birgitta Schuler (Mediatorin, Trainerin, Coach und Supervisorin) lädt dazu ein, eine „metaphorische Brille“ (S. 11) aufzusetzen, um die vielen Facetten dieser sprachlichen Ausdrucksform und ihrer Bedeutsamkeit für die Beziehungsgestaltung und Prozesssteuerung im Coaching zu entdecken.
Im ersten Kapitel führt die Autorin in das Thema ein, indem sie ihren persönlichen Zugang und die Grundidee des Buchs beschreibt. Insbesondere die neun Hypothesen, die die Autorin in ihrer Praxis „auf den Prüfstand stellte“ (S. 11) und am Ende der Einleitung präsentiert, geben einen Vorgeschmack auf die weiteren Kapitel, in denen sie u.a. zeigt, wie sich „[d]ie Statik der Metapher […] im Narrativ auflösen“ (S. 11) lässt.
Im zweiten Kapitel schafft Schuler hierfür die theoretischen Grundlagen und vertieft die sprachphilosophische, neurobiologische und motivationale Perspektive auf das Sprachphänomen Metapher. Dabei verdeutlicht sie u.a., wie die Metapher einen „mentalen Transitraum“ (S. 15) formt, wie „durch einen treffenden metaphorischen Ausdruck plötzlich ein neuer ver-rückter Blick auf das Anliegen möglich wird“ (S. 17) und sich „kognitive Erkenntnisse emotional wirksam transportieren“ (S. 33) lassen. Zudem betont sie die motivationalen Effekte von Metaphern, indem sie zeigt, dass „Motivation […] ein Motiv [braucht] und wie dieses „in der Metapher […] seinen wirkungsvollen Ausdruck“ (S. 61) findet.
Im dritten Kapitel werden zehn Fallstudien präsentiert, die in kompakter und instruktiver Weise die praktische Umsetzung eines metaphernsensiblen Coachings verdeutlichen und viele hilfreiche methodische Impulse bereithalten. Im vierten Kapitel profiliert Schuler die Metaphernsensibilität als ein Kompetenzmerkmal professionellen Coachings und zeigt weitere methodische Spielarten der Metaphernarbeit auf. Durch das Aufgreifen und Differenzieren der Hypothesen vom Beginn des Buches schafft die Autorin für die Lesenden eine gute Möglichkeit, das Gelesene zu rekapitulieren und für die eigene Praxis zu bilanzieren.
Die abschließende Einordnung der Metaphernarbeit in Bezug auf die professionelle Haltung im Beratungsprozess bildet zusammen mit zehn zusammenfassenden Impulsen für metaphernsensibles Coaching ein gelungenes Ende, das gleichzeitig Lust darauf macht, das Veränderungspotenzial von Sprachbildern für Klienten und sich selbst zu nutzen, um – nochmal mit Wittgenstein gesprochen – nicht „in einer Verwirrung stecken zu bleiben“.
Fazit: Das Buch ist allen Personen zu empfehlen, die sich intensiv mit der Bedeutsamkeit von Metaphern für Lebensführung und Beratungshandeln auseinandersetzen und ihr professionelles Handlungsrepertoire hinsichtlich sprachlicher Sensibilität weiterentwickeln wollen.
Andreas Broszio