„Bitte wählen Sie diejenige Bildkarte aus, die am besten ausdrückt, wie Sie sich fühlen, wenn Sie an das für Sie schwierige Ereignis bei der Arbeit vor zwei Wochen denken.“ So oder ähnlich könnte die Einladung des Coachs an seinen Klienten lauten, sich einem belastenden Thema mit Hilfe von Bildkarten zu nähern.
Die Vorteile des Einsatzes von Bildern im Coaching sind bekannt und wissenschaftlich hinreichend belegt. So ermöglichen sie Klienten unter anderem, einen Ausdruck für ein Thema zu finden, das sie nur schwer in Worte fassen können. Bilder schaffen neue, intuitive Zugänge zu inneren Prozessen und Ressourcen. Auch regt die Arbeit mit Bildkarten ungewöhnliche Perspektivwechsel an und erleichtert die Formulierung von Metaphern für das Erleben des Klienten. Das Autorenduo führt noch zahlreiche weitere Argumente an, warum Bildkartensets unbedingt in den Werkzeugkoffer von Coaches, Trainern und Psychotherapeuten gehören – von der Anregung von Fantasie und Kreativität bis hin zur leichteren Verankerung neu erworbenen Wissens.
Das Kartenset „Burnout-Prävention“ von Evelin Fräntzel und Dieter Johannsen umfasst 50 Bildkarten (stabiler Karton, 22 x 15 cm, farbig und schwarz-weiß, inkl. Metallbox) mit alltäglichen Motiven, überwiegend aus der Natur. Ein Apfelbaum, ein blühendes Rapsfeld, grüne Vogelhäuschen an einer Birke, bunte Winddrachen, Windsurfsegel, Fischkutter im Hafen, Sonnenblumen, ein alter roter Traktor, ein vermoostes Reetdachhäuschen am Teich uvm. Zusammen mit dem begleitenden Booklet ist das Set für den präventiven Einsatz in Burnout-Seminaren konzipiert. Die Autoren orientieren sich bei den vorgeschlagenen Übungen an den sechs Seminarphasen nach Jörg A. Wendorff und beschreiben für jede dieser Phasen den methodisch sinnvollen Einsatz der Bildkarten:
Für das Setting und die Phasen eines Coaching-Prozesses kann der Einsatz der Bildkarten entsprechend angepasst werden.
Als Stresstrainerin, Diplom-Supervisorin und Psychologische Beraterin greift Evelin Fräntzel auf ihre langjährige Erfahrung im Umgang mit belastenden Situationen zurück. Sie bietet u.a. Resilienztrainings, Burnout-Prophylaxe und Achtsamkeitstrainings an. Gemeinsam mit ihrem Ehemann und Mitautor Dieter Johannsen hat sie die Motive des Kartensets bewusst für die wirksame Bearbeitung von Burnout-Zuständen ausgewählt. Auf den ersten Blick überrascht der deutliche Fokus auf idyllische, ruhige, konfliktarme Momentaufnahmen. Lassen sich damit belastende, negative, stressvolle Erlebnisse visualisieren? Die Antwort ist ja: Wenn man das Coaching als einen lösungsorientierten, auf Ressourcen ausgerichteten Prozess versteht. Wenn der Problemraum relativ schnell verlassen und stattdessen auf den wünschenswerten Zielzustand fokussiert wird. Unter diesem Blickwinkel erweist sich die auffallend harmonische Bildauswahl für die Burnout-Thematik als durchaus geeignet.
Das Autorenduo empfiehlt den Einsatz des Kartensets in Seminaren zur Burnout-Prävention mit bis zu acht Teilnehmenden. Alternativ könne es bei „weiteren Seminarthemen“ eingesetzt werden. Fragwürdig ist jedoch, ob der prominente Aufdruck „Burnout-Prävention“ auf der Rückseite jeder einzelnen Bildkarte dem Einsatz bei anderen Themen zuträglich ist. Möchten Klienten in einem Teamentwicklungsseminar gleich in die Burnout-Schublade gesteckt werden?
Zuletzt mag der visuell anspruchsvolle Betrachter feststellen, dass einige Motive farblich etwas übersteuert sind bzw. einen irritierenden Zeichenfilter erhalten haben. Dem positiven Gesamteindruck des Kartensets tut dies jedoch keinen Abbruch.
Fazit: Ein hochwertiges und gut durchdachtes Set mit 50 Bildkarten für den vielseitigen Einsatz in Coaching- und Trainingsformaten rund um Burnout-Prävention. Das beiliegende Booklet mit Anwendungsbeispielen erleichtert den sofortigen Einsatz in der Praxis – auch für Coaches, die noch keine Erfahrung mit Bildkarten im Coaching haben.
Leane Zaborowski
BeCoSy | Beratung – Coaching – Synergie
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