Bei der Veröffentlichung „Coaching im Natursetting“ handelt es sich um eine Dissertation. Dies bringt Vor- und Nachteile mit sich, was die Akribie und Ausführlichkeit der Darstellung betrifft.
Wer tief in die Coaching-Entwicklung der vergangenen Jahre und relevante Aspekte von Führung eintauchen will, erhält hierzu von Maximilian Basener ein umfängliches Kompendium. Aus der Natur einer Doktorarbeit ergeben sich eine Darstellungsform und Diktion, die akademisch vorgebildeten Rezipienten vertraut sein wird, aber für andere am Thema Interessierte schwer zugänglich sein könnte.
Coaching als Werkzeug zur Veränderung findet überwiegend Indoor statt. Der Autor will mit seinem empirischen Vorgehen zeigen, welchen zusätzlichen bzw. neuen Impuls Coaching in und mit der Natur geben kann.
Das dritte Kapitel widmet sich den Wirkfaktoren von Natur und fächert die vielfältigen Effekte auf, die Natur auf den Menschen in physischer und psychischer Weise hat. So soll z.B. eine regelmäßige Aufenthaltsdauer in der Natur die physische und psychische Gesundheit signifikant erhöhen. Stressreduktion, Stimmungsaufhellung, Regulation von Ängsten und Suchtverhalten, Steigerung des Selbstwirksamkeitserlebens und der Reflexion: Basener referiert hierzu zahlreiche Studien.
Die Natur fungiert als Co-Coach. Trotz der großen Zahl an Studien und Varianten von Outdooraktivitäten mit Führungskräften sieht Basener zusätzlichen Forschungsbedarf. Black Boxes erkennt der Autor bei der Frage nach der Art und den Wirkmechanismen des durch Natur angestoßenen Reflexionsprozesses bei Führungskräften. Weiterhin interessiert ihn, wie sich die Interaktion von Klient, Natur und Coach bei der Verfolgung des Ziels, Denk- und Handlungsmuster zu verändern, darstellt.
Zur Erhellung dieser Black Boxes führt Basener zwei empirische Studien durch. Im ersten Design handelt es sich um halbstrukturierte Interviews mit acht Probanden. In der zweiten Studie agiert der Verfasser als teilnehmender Beobachter bei einem Coaching im Wüstensetting mit vier Probanden. Geleitet wird dieses „Feldexperiment“ von Coaching-Professionals.
Die Ausführungen Baseners münden letztlich in ein Natur-Coaching-Interaktionsmodell, das datengestützt helfen soll, Führungskräfte-Coachings im Natursetting zu planen und erfolgreich durchzuführen. Er unterscheidet dabei zwei Varianten: mit begleitendem Coach und ohne. Ersteres Setting dürfte vor allem die selbständigen Praktiker unter den Lesenden interessieren; hier bewährt sich im Übrigen die Akribie und Detailliertheit der Darstellung. Das Modell gibt Einblick in erfolgsrelevante Aspekte, Handlungshinweise und vielfältige Denkanstöße.
Fazit: Wem kann man empfehlen, dieses Buch zu lesen? Coaching-Praktiker, die ihre akademische Vergangenheit weit hinter sich gelassen haben, oder Führungskräfte mit Interesse an klarer, pointierter Vermittlung werden sich eher schwertun, vor allem mit der theoretischen Aufbereitung. Coaches, die sich gerne mit den Fundamenten ihrer Profession beschäftigen, werden dagegen begeistert sein.
Dr. Christine Kaul
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