Die Reflexion der eigenen Kompetenzen ist idealerweise fester Bestandteil der beruflichen Praxis von Coaches. Marianne Berger und Hanna Hardeland bieten mit diesem Evaluationsset ein handliches und übersichtliches Werkzeug für die professionelle Weiterentwicklung. Das Set ist schlicht gestaltet, einfach zu handhaben und lädt zum Praxiseinsatz ein. Es besteht aus einem Workbook und 36 Impulskarten. Die Autorinnen sehen für die Nutzung einen Dreischritt vor:
- Feedback durch die Klienten mithilfe der Karten
- Identifizierung des eigenen Entwicklungsbedarfs
- Weiterentwicklung der eigenen Kompetenz
Kapitel 1 zeigt die Relevanz von Evaluationen sowie die Vorteile der Karten auf. Die Bitte des Coachs um Feedback wird hier als Wertschätzung der Klienten verstanden. In einer Tabelle werden sechs Evaluationsverfahren verglichen. Kapitel 2 liefert eine konkrete Anleitung: Die Karten werden dem Klienten ausgehändigt – verbunden mit der Bitte, zutreffende Aussagen herauszulegen. Für die Auswertung wird ausgezählt, wie häufig jede der fünf Beurteilungsdimensionen gewählt wurde und diese Zahl in ein Tableau eingetragen. Die Dimensionen mit niedrigen Zahlen zeigen dem Coach einen Entwicklungsbedarf auf. Die Autorinnen ermutigen den Leser, mehrere Sitzungen zu evaluieren, um sicherere Ergebnisse zu erzielen.
In Kapitel 3 beschreiben die Autorinnen ihre Methodik und untermauern sie durch relevante Theorien. Unklar bleibt hier, wie die Auswahl der Beurteilungsdimensionen begründet ist. Kapitel 4 enthält Anregungen zur eigenen Weiterentwicklung. Jede Dimension wird in Grundzügen umrissen und am Ende zusammengefasst. Die Dimensionen erhalten jedoch unterschiedlich viel Raum; der Schwerpunkt liegt deutlich auf der Prozessgestaltung. Formulierungen wie „Der Coach sollte...“ erwecken dabei einen eher normativen Eindruck. Zu bemängeln ist, dass als theoretische Grundlage – auch grundlegender Theorien wie dem Konstruktivismus – zum Teil nur eigene Publikationen der Autorin angeführt werden. Eine Referenz (Rauen, 2005) fehlt im Literaturverzeichnis.
Die Aufträge am Ende jedes Abschnitts enthalten sehr abwechslungsreiche Anregungen für die Selbstreflexion. Zur Weiterentwicklung der Empathie wird bspw. das eigene Vokabular für die Verbalisierung von Äußerungen der Klienten erweitert; für die Dimension „Akzeptanz“ sollen etwa direktive Ratschläge in offene Angebote umformuliert werden. Der Gesamteindruck des Klienten, der ebenfalls durch die Karten abgefragt wird, wird nicht näher erläutert. Im Schlusswort versprechen die Autorinnen dem Coach durch die Anwendung eine höhere Zufriedenheit.
Mit diesem Set leisten die Autorinnen einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung im Coaching – und das auf eine konstruktive und anregende Art. Noch motivierender könnte die Lektüre gestaltet werden, indem eine eigene Schwerpunktsetzung des Coachs explizit ermöglicht würde. Der Einsatz des Kartensets im Coaching bedarf vorab einiger Auseinandersetzung damit; es ist außerdem genügend Zeit einzuplanen.
Fazit: Das Set aus Impulskarten und Workbook ist ein nützliches Instrument für die Evaluation von Coachings. So wird professionelle Weiterentwicklung umsetzbar.