Coaching liegt im Trend, es ist schillernd und en vogue. Deutlich wird dies auch an der Vielzahl neuer Publikationen zum Thema. Es geht um Selbst-Coaching, Team-Coaching, Ernährungs-Coaching, Fitness-Coaching oder gar E-Mail-Coaching. Jeder Bereich des Lebens scheint gecoacht und schnell steht die Frage im Raum: Brauchen wir wirklich noch ein weiteres Buch über Coaching? Die Antwort zum vorliegenden Werk lautet eindeutig: Ja. Das Buch von Siegried Greif sticht positiv aus der Masse der Coaching-Literatur hervor und liefert einen fundierten und umfassenden Beitrag zur Theorie und Praxis der Thematik.
In insgesamt vier übergeordneten Kapiteln widmet sich der Autor den Themen "Selbstreflexion als Potenzial", "Was ist Coaching?", "Ergebnisorientiertes Einzelcoaching" und "Mehrebenencoaching als Zukunftsperspektive", welche - ohne Anhang - auf insgesamt 358 Seiten umfassend dargestellt und beleuchtet werden. Dabei wird insbesondere zu Beginn des Bands großer Wert auf die Begriffsklärung (Selbstreflexion, Coaching) gelegt. Es gelingt dem Autor, verwandte Ansätze von einander zu differenzieren und Abgrenzungen z. B. zwischen Supervision, Mentoring, Selbst- und Projektcoaching oder auch Teamentwicklung aufzuzeigen. In den folgenden Kapiteln wird u.a. der Frage nachgegangen, welche Kompetenzen Coachs aufweisen müssen und wie Motivation, Eigenschaften und Fähigkeiten auf Seiten des Klienten zu einem erfolgreichen Coaching-Verlauf beitragen können.
Lobenswert ist ebenso, dass der Autor sich - als einer von wenigen - der wichtigen und richtigen Frage nach dem Stand der Evaluationsforschung im Bereich Coaching stellt und entsprechende Ergebnisse präsentiert. Dabei verschweigt er aber nicht, dass die Menge der Studien noch als überschaubar beschrieben werden kann. Umso wichtiger jedoch, dass der Autor in seinem Werk dieses Thema anspricht und die Aufmerksamkeit darauf lenkt.
Im letzten Kapitel widmet sich der Autor dem Thema Mehrebenen-Coaching, basierend auf einer Mehrebenen-Systemtheorie, und reflektiert den Einsatz von Coaching-Methoden auf Gruppen- und Organisationsebene. Dabei lässt er auch die durchaus vorhandene Debatte über die Begriffsklärung von Coaching (Einzelcoaching vs. Gruppencoaching) nicht außer acht. Der abschließende Teil dieses Kapitels enthält einen Blick in die Zukunft und schließt mit einem Plädoyer für einen Brückenschlag zwischen Wissenschaft und Praxis ab.
Insgesamt handelt es sich bei diesem Buch um ein Werk, welches man sich nicht entgehen lassen sollte. Denn im Vergleich zu manch anderer Publikation eignet es sich weder zum Nachschlagen schneller Kochrezepte (die Betonung liegt hier auf "Kochrezepte" - als Nachschlagewerk dient dieses Buch natürlich auch), noch dient es zum Abhaken von allzu pragmatischen Checklisten. Auf bunte Bildchen und die Herausstellung (bzw. den Verkauf) einer bestimmten Methode, wird im Sinne des Erkenntnisgewinns ebenfalls verzichtet. Vielmehr verlangt das Buch eine fundierte Auseinandersetzung mit Theorie und Praxis sowie zahlreichen Facetten des Coachings, was in der "alles durchgecoachten" Zeit leider viel zu selten ist. Ergo: Es liefert jedem ernsthaften Coach einen wahren Mehrwert und Freude an der Beschäftigung mit den Inhalten.
Torsten Brandenburg
Bildungs- und Wissenschaftszentrum der Bundesfinanzverwaltung, Münster
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