Wer sich heute auf dem Coachingmarkt orientieren will, hat es schwer. Es existieren unzählige Formen von Coaching, Coachingausbildungen jeder Art boomen. Eine Landkarte für diese unübersichtliche Coachinglandschaft bietet das Buch von Karsten Drath. Der Autor, selbst Executive Coach, legt eine Bestandsaufnahme der aktuellen Coachingrichtungen vor und beschreibt deren Methoden auf der Basis ihrer historischen Bezüge. Er zeichnet die Entstehungsgeschichte von Coaching aus verschiedenen Wurzeln nach und schildert die Entstehung eines eklektischen Kerns. Sein Ziel ist es, zur Professionalisierung der heutigen Coachingpraxis beizutragen, indem er die Geschichte von Coaching als Professionalisierungs- und Entwicklungsmethode bewusst macht.
Im ersten Teil grenzt der Autor Coaching von anderen Beratungsformen ab und sortiert nach verschiedenen Aspekten. Aus historischer Perspektive z.B. beschreibt der Autor die Entstehung von Coaching als weltweite Idee: Eine Tabelle gibt Aufschluss - von den Vorläufern und Einflüssen aus den USA und Großbritannien über die Rezeption von Transaktionsanalyse, Systemischer Familientherapie und Gestalttherapie in Deutschland in den siebziger Jahren bis hin zu den ersten Veröffentlichungen zum Thema Coaching seit 1983. Drath zeichnet die Popularisierung von Coaching nach und macht auf die zunehmende Professionalisierung seit den 2000er Jahren aufmerksam - sichtbar z.B. an der Gründung von Coachingverbänden, an Qualitätsdiskussionen und Coachingforschung. Dieses Kapitel zählt für mich zu den Highlights des Buches, es bildet die Basis für den späteren Rekurs auf die historischen Vorläufer in den psychologischen Denkschulen.
Im zweiten Teil "Coaching konkret" stellt Drath nach einem Seitenblick auf das GROW-Modell sein eigenes Modell "Leadership Choices" vor. Dabei handelt es sich um die Darstellung der gängigen Beratungsschritte und Interventionen in einem Führungskräftecoaching.
Ein Überblick zu den Vorgängern des Coachings folgt. Drath ordnet verschiedene Schulen der Psychotherapie jeweils den großen Richtungen Tiefenpsychologie, Humanistische Psychologie und Systemische Psychologie zu. An Kriterien wie "Weltanschauung, Menschenbild und Haltung", "Persönlichkeitsmodell" oder "Interventionen" vergleicht er Gemeinsamkeiten und Unterschiede, würdigt das Spezifische jeder psychologischen Schule und zeigt auf, welche Elemente des Psychotherapie-Konzepts für das Coaching fruchtbar und prägend wurden. So wird dieser Teil zu einer Einführung in die Psychotherapieschulen des 20. Jahrhunderts und ihrer Entwicklung bis zu den heutigen integrativen Richtungen, die nicht nur Coaches interessieren dürften.
Im letzten Teil schließlich bietet der Autor einen Überblick über "Paten, Ahnen und Pioniere" des Coachings. Es handelt sich um Kurzporträts der Begründer von Denkschulen, der Beeinflusser und Beeinflussten und der wichtigen Player der aktuellen Coaching-Szene. Reizvoll ist es, vor- und zurückzublättern, nachzuvollziehen, wer wen beeinflusst und wer von wem gelernt hat.
Der Mehrwert des Buches liegt in der übersichtlichen Zusammenschau einer Fülle von Material. Dass bei der Vielzahl von Informationen manches etwas überdetailliert gerät, mindert nicht den informativen Gehalt dieses Buches. Personalentwicklern, Coaches und Trainees von Coachingausbildungen kann es uneingeschränkt empfohlen werden.
Fazit: Das Buch gibt einen fundierten Überblick über die historischen, theoretischen und methodischen Grundlagen von Coaching.