Es ist längst mehr als nur eine Notlösung: Online-Coaching hat sich spätestens seit der Pandemie als ernstzunehmende Alternative zum Präsenz-Coaching etabliert. Eine wachsende Anzahl an Coaches greift regelmäßig auf die Möglichkeit der digitalen Begegnung mit ihren Klienten und Klientinnen zurück und auch das Format der Videokonferenzen verzeichnet einen deutlichen Nutzungsanstieg von 37 Prozent in 2021 auf 45 Prozent in 2022 (vgl. RAUEN Coaching-Marktanalyse 2022).
Gleichwohl ranken sich um diese Entwicklung einige kritisch diskutierte Fragen: Wie arbeite ich als Coach im virtuellen Raum? Welche neuen technischen, organisatorischen und rechtlichen Aspekte ergeben sich für mich? Wie sieht Qualitätssicherung beim digitalen Coaching aus? Und welche Methoden sind besonders geeignet für Online-Business-Coaching?
Antworten möchte das Praxishandbuch „Die besten Online-Coaching-Methoden“ geben, publiziert von Prof. Dr. Evelyn Albrecht, Business-Coach, Autorin und Gründerin des Munich Business Coaching Institutes. 38 erfahrene Coaches veröffentlichen in dem Buch ihre favorisierten Interventionen für Coaching im digitalen Raum. In vier übersichtlich gestalteten Kapiteln werden zunächst die Grundlagen für Online-Coaching erörtert und anschließend Einsteiger- und Profi-Methoden für das Coaching von Einzelpersonen vorgestellt. Das letzte Kapitel widmet sich dem Online-Coaching von Teams. Hilfreich ist die Einordnung, ob die jeweilige Intervention eher für den Beginn oder den Mittelteil eines Coaching-Prozesses geeignet ist. Technische Checklisten, eine Übersicht nach Themenanlass sowie ausgewählte Templates zum Download runden den Inhalt des Buchs ab.
Was auf den ersten Blick wie eine vielversprechende Sammlung der erfolgreichsten Tools für Online-Business-Coaching aussieht, erweist sich jedoch im Laufe der Lektüre als Zusammenstellung überwiegend klassischer, aus der Offline-Welt bekannter Coaching-Methoden. So erfährt der Leser u. a., wie Ikigai, Gewaltfreie Kommunikation, Changing Hats und Kollegiale Fallberatung nun auch online abgebildet werden können. Das hat seine Berechtigung und Nützlichkeit, erweckt jedoch zugleich mehr den Anschein von Business-Coaching trotz virtuellem Raum anstatt Business-Coaching mittels kreativer Nutzung aller Vorteile der digitalen Welt. Nur wenige Methoden scheinen explizit – meist durch den Einsatz von Bildern – für die Anwendung im Online-Coaching vorteilhaft zu sein.
Zudem weist das Buch einige Redundanzen auf: So erwähnt ein Großteil der Autoren die Notwendigkeit, dass sich alle Beteiligten mit digitalen Whiteboards wie Miro oder Conceptboard auskennen bzw. die Anwendung andernfalls vorab üben sollten. Versteht man das Buch mehr als Nachschlage- und weniger als zusammenhängendes Werk, relativiert sich dies. Während die technischen Rahmenbedingungen en detail beleuchtet werden, verpassen die Autorinnen und Autoren die Chance, zu erläutern, wie Coaches dem Phänomen der steigenden Bildschirmmüdigkeit ihrer Klientinnen und Klienten, auch als Zoom-Fatigue bekannt, entgegenwirken könnten. Letztlich hätte dem Werk unter orthographischen Aspekten eine weitere Korrekturschleife gutgetan.
Fazit: Eine umfangreiche Sammlung an Coaching-Methoden für die Arbeit im virtuellen Raum, als Nachschlagewerk besonders geeignet für Coaches, die gerade erst mit dem Online-Setting beginnen, oder für solche, die wenig technische Vorkenntnisse haben.
Leane Zaborowski
BeCoSy | Beratung – Coaching – Synergie
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