Cover: Die Kollegiale Coaching Konferenz
Thomas Berg, Elke Berninger-Schäfer

Die Kollegiale Coaching Konferenz

Rezension von Thomas Webers

4 Min.

Das Buch ist Bestandteil einer Reihe und spiegelt die Coaching-Ausbildung an der Führungsakademie Baden-Württemberg. Insofern richtet es sich an Praktiker und Coaching-"Azubis" - erlaubt aber auch gestandenen Kollegen einen Blick in die Werkstatt. Dies ist insofern interessant, als die beiden Autoren mit der "Kollegialen Coaching Konferenz" eine neue Variante eines (alten) Beratungsformats (Kollegiale Beratung) vorstellen. Und dies mag inspirieren, aber auch Diskussionen provozieren.
Die "kollegiale Beratung" ist ein lange schon bekanntes und, wie Kim-Oliver Tietze unlängst wissenschaftlich evaluiert hat, bewährtes Beratungsformat, das man aber nicht zwingend dem Coaching zugehörig betrachten muss. Denn es beraten sich Kollegen gegenseitig. Dafür ist keine Ausbildung nötig, lediglich Disziplin, sicher schaden Erfahrung und eine reflektierte Haltung aber nicht.
Relevanz fürs Coaching entstand erst durch die Adaption als "Kollegiales Teamcoaching" (KTC) durch Vera und Wilfried Schley
(2010)
. Sie erweiterten das Setting durch dezidierte Rollen: Akteur, Coachs, Schreiber, Prozessbeobachter, Moderator und einen externen KTC-Berater als Leiter auf der Metaebene. Außerdem wird auf der Prozessebene ein Unterschied gesetzt: Nach der Fallschilderung verlässt der Akteur die Gruppe und hört lediglich schweigend aus dem Off der Beratung zu. Damit ist die Gruppe (emotional) unabhängig und frei bei der Lösungssuche.
Thomas Berg und Elke Berninger-Schäfer gehen bei der Ausdifferenzierung und Nutzbarmachung des ursprünglichen Konzepts der kollegialen Beratung mit ihrer "Kollegialen Coaching Konferenz" (KCK) noch einen Schritt weiter. Sie definieren KCK als eine zeitlich und methodisch strukturierte Form des systemisch-lösungsorientierten kollegialen Coachings einer Einzelperson durch eine Gruppe. Dabei ist die Idee, die Rolle des Coachs und seine professionelle Kompetenz für die Steuerung eines Coaching-Prozesses auf mehrere Rollen und auf die Vorgehensweise aufzuteilen.
Es werden fünf Rollen (Klient, Interviewer, Moderator, Schriftführer und Berater/innen) besetzt. Während einer Coaching-Einheit spaltet sich die gesamte Gruppe in zwei Teilgruppen: Eine Gruppe bilden Klient und Interviewer. Die andere Gruppe bilden Moderator, Schriftführer und die Berater. Beide Teilgruppen kommunizieren nur indirekt miteinander; lediglich der Moderator ist hiervon ausgenommen. In mehreren Runden der KCK - die übrigens live, aber auch virtuell durchgeführt werden können - rotieren die Teilnehmer durch die Rollen.
Die einzelne KCK durchläuft immer acht Phasen: Eingerahmt von einer Start- sowie Abschlussphase findet die eigentliche Coaching-Einheit statt. Zunächst wird das Anliegen des Klienten vom Interviewer geklärt und die Situation beschrieben. Die zweite Gruppe hört still zu und "denkt sich ihr Teil"; lediglich der Schriftführer protokolliert auf einem Flipchart. Die erste Beraterkonferenz verfolgt das Ziel, dem - nun stillen - Klienten Rückmeldungen zur Sache und zur Person zu geben. Es werden Assoziationen geäußert und Hypothesen aufgestellt, ohne direkt mit dem Klienten zu kommunizieren. Nun machen sich im dritten Schritt und Klient und Interviewer daran, ein Ziel für die Lösung des Anliegens zu bestimmen. Die Beratergruppe hört wieder nur aufmerksam zu. In der zweiten Beraterkonferenz geht es darum, die Kreativität der Beratergruppe für die Zielerreichung des Klienten zu nutzen, indem sie möglichst viel "Material" produziert. In der Phase der Lösungssuche entscheidet der Klient darüber, welche Lösung (-en) er zur Zielerreichung weiter verfolgen will. Zum Abschluss fordert der Interviewer den Klienten auf, noch einmal auf das eingangs formulierte Anliegen zu schauen und den Erfolg zu bewerten. Die Coaching-Einheit wird mit einem Austausch aller Beteiligten über den gerade erfolgten Coaching-Prozess unter Leitung des Moderators abgeschlossen.
Das Konzept der KCK wird im zweiten Kapitel des Buchs vorgestellt. Vorausgegangen sind - neben einem Vorwort - Grundlagen zum Coaching. Es folgen als drittes Kapitel dezidierte Hinweise zur Gesprächsführung in den KCK-Phasen, Ausführungen zur virtuellen KCK (4. Kap.), hilfreiche Abgrenzungen zu anderen Modellen (5. Kap.) sowie ein Ausblick (6. Kap.). Es schließen sich ein Literatur-, ein Stichwortverzeichnis sowie eine Vorstellung der Autoren und der Führungsakademie BW an.
Es ist hochinteressant, die Variantenbildung des Team-Coachings mittels des nur implizit aufscheinenden Konzepts des
Reflecting Teams (Andersen, 1990) zu verfolgen. Gerade in der KCK kommt dieses Prinzip am klarsten zum Ausdruck. Da die Autoren ihren Ansatz für Anwender offen legen, handelt es sich bei diesem Buch um ein hilfreiche Handreichung für Coachs als auch Coach-Ausbilder. Aber auch Personalentwicklern wird mit diesem Konzept ein mächtiges Werkzeug an die Hand gegeben, die Arbeitsqualität im Unternehmen zu steigern und zu sichern.
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