In einer immer schnelleren, vielfach entgrenzten und hoch komplexen Arbeitswelt stellt sich für immer mehr Menschen die Frage nach der Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns. Auch im Coaching sind Sinnfragen keine Seltenheit mehr. Markus Hänsel, selbst erfahrener Führungskräfte-Coach, hat ein Buch herausgegeben, das der Frage nachgeht, wie Spiritualität im Coaching hierbei als Ressource genutzt werden kann. In 18 Artikeln und acht Interviews kann der Leser von der Erfahrung der 30 Autoren lernen - allesamt erfahrene Coaches oder bekannte spirituelle Lehrer.
Das Buch gliedert sich in fünf Teile. Zunächst wird anhand der Grundfrage, wie Spiritualität Platz im Coaching finden kann, ein professionelles Verständnis von Spiritualität für die Coaching-Praxis geschaffen. So sieht z.B. Wolfgang Looss Spiritualität als den "Versuch alles zu sehen", als eine Erweiterung des Blickfeldes und damit der im Coaching möglichen Themen und Entwicklungen. Spiritualität findet sich also einerseits in den im Coaching behandelten Fragestellungen und andererseits in der Haltung des Coachs seinem Klienten gegenüber. Im Gegensatz zur Kirche, zu Beratungsstellen oder buddhistischen Zentren, bei denen man Spiritualität eher verorten würde, berücksichtigt Coaching den wirtschaftlichen Rahmen und schlägt immer wieder die Brücke zu arbeitsrelevanten Fragestellungen.
Im zweiten Teil werden spezifische Ansätze wie Schematherapie, Transaktionsanalyse, systemisches oder hypnosystemisches Coaching in Bezug auf Spiritualität betrachtet. Die Arbeit mit Teams und Organisationen steht im dritten Teil im Vordergrund. Coaching wird hier als Möglichkeit gesehen, Raum für Geistes- und Sinnfragen zu öffnen, der im extrem beschleunigten Alltag oft nicht gegeben ist. Anschließend stellen Anna Gamma (Lassalle-Institut, Schweiz) und Barbara von Meibom (Communio - Institut für Führungskunst, Berlin) ihre spirituell gestützten Coaching-Ausbildungen vor.
Den Abschluss bilden drei Interviews mit spirituellen Lehrern - u.a. Anselm Grün, der herausstellt, wie wichtig die aufmerksame Präsenz des Coachs und der Versuch auf Bewertungen zu verzichten sind.
Die Texte sind durchweg gut verständlich geschrieben und verzichten weitgehend auf fachspezifisches Vokabular. Zahlreiche Beispiele aus der Praxis und vielfach sehr persönliche Berichte über den eigenen spirituellen Weg machen die Lektüre lebendig und anschaulich. Deutlich wird dabei, dass die Grundvoraussetzung für Spiritualität im Coaching immer das eigene Erleben, die individuelle spirituelle Praxis ist. Spiritualität im Coaching ist daher mehr als Lebenseinstellung denn als Methode, Theorie oder gar Tool zu verstehen.
Fazit: Ein Buch voll sinntiefer Texte, das wertvolle Anregungen zur Erweiterung des eigenen Coaching-Ansatzes liefert.