Cover: Erfolgsfaktor Intuition: Systemisches Coaching von Führungskräften
Ariane Bentner, Marie Krenzin

Erfolgsfaktor Intuition: Systemisches Coaching von Führungskräften

Rezension von Dr. Klaus Schenck

4 Min.

Das Buch "Erfolgsfaktor Intuition" ist ein Kaleidoskop: Eine facettenreiche Zusammenstellung von Einsichten in Coaching-Prozesse und die Rolle von Intuition darin. Auch wenn zwischen den Facetten natürlich Fragen offen bleiben und die einzelnen Kapitel auch je nach Autorin sprachlich unterschiedlich ausgestaltet sind, kann sich die Lektüre sowohl für Coachs als auch für Führungskräfte lohnen. Erstere können womöglich ihre Intuition aktiver nutzen und Wirkungen auf Klienten aus deren Sicht weiter kennenlernen. Letztere können sich ein vielfältiges Bild von Coaching-Prozessen machen und damit besser einschätzen, ob es für sie nützlich werden kann, sich darauf einzulassen.
Die Einführung in Kapitel 1 skizziert das Umfeld, aus dem heraus Coaching an Bedeutung gewonnen hat, beschreibt, welche Vielfalt an Funktionen es heute erfüllen kann, und zeigt, wie das Buch aufgebaut ist. Das zweite Kapitel vergleicht "Coaching" und "Psychotherapie" ("Couching") und versucht eine Abgrenzung. Zu den Gemeinsamkeiten gehören: die Zielorientierung der Begegnung, dass beide eine Verbesserung der Selbststeuerungsfähigkeit durch Wahrnehmungs-und Verhaltensrepertoire-Erweiterung anstreben, sowie die prozessberaterische Haltung. Die Abgrenzung bleibt dem Versuch zum Trotz etwas willkürlich und unscharf; die mangelnde Trennschärfe liegt dabei wohl schon in der Sache und nicht erst in der Beschreibung.
Kapitel 3 versucht eine Art Paradox: Den so wenig rational wirkenden Begriff der "Intuition" rational zu ergründen. Schon die Vielfalt der Definitionsversuche von Intuition wirkt genauso wenig rational, klar und durchstrukturiert wie das, was der Begriff selbst bezeichnen soll. Knapp und einleuchtend gefällt die Beschreibung: "Intuition = etwas wissen, ohne zu wissen, warum wir es wissen". Ob als "innerer Autopilot", "somatischer Marker" oder "Geistesblitz" spielt sie in allen Phasen kreativer und beziehungsgestaltender Prozesse eine wesentliche Rolle. Das Kapitel trägt, wenn auch sprachlich stellenweise eher "diplomarbeits-akademisch" viel Wissen über "Intuition" interessant und informativ zusammen.
Kapitel 4 eröffnet eine im Management ungewöhnliche Perspektive: auf den möglichen späteren Einfluss der früheren Geschwisterposition auf das eigene Führungshandeln. Bemerkenswert trotz kleiner Stichprobe: frühe Erfahrungen mit der eigenen Geschwisterkonstellation scheinen später intuitiv wieder gesucht zu werden. Die Interviewausschnitte machen Überlegungen Einzelner zu diesem Thema lebendig.
In Kapitel 5 bietet Ariane Bentner vier Fallstudien aus ihrer Coaching-Praxis mit zweifachem Zweck an: Als Angebot exemplarischer Situationen, die in Coaching-Prozessen vorkommen und relevant sein können, und als Lernfeld ex post: zum Nach-Denken über kontingente, also alternative Deutungs- und Vorgehensweisen im Coaching-Prozess. So können zugleich an Coaching interessierte Führungskräfte mehr über die Vielfalt von Coaching-Vorgehensweisen erfahren, als auch sogar fortgeschrittene Coachs ihr eigenes Interventionsrepertoire erweitern und ihre Reflexionslust vergrößern. Die Beispiele reichen von Mobbing bis zu interkulturellen Unterschieden.
Das sechste Kapitel wechselt die Blickrichtung: Hier geht es um entscheidende Situationen und Interventionen aus Sicht von Klienten. "Was erleben Führungskräfte im Coaching?", fragte die empirische Studie (und zugleich Diplomarbeit) von Marie Krenzin. Was vom Coach als Werkzeug für Perspektiv-Wechsel genutzt wird, (z.B. zirkuläre Fragen, Arbeit mit der Zeitlinie oder mit den drei Wahrnehmungspositionen) wird von Klienten als Perspektivenerweiterung, als Öffnen neuer Horizonte und Aha-Erlebnis erlebt.
Im letzten Kapitel wird eine Aufstellungsarbeit vorgestellt. Sogenannte "systemische Strukturaufstellungen" gehen von der Methode des Familienstellens aus, aber in ihrem Repertoire und Anwendungsbereich inzwischen weit darüber hinaus. Das hier geschilderte Beispiel ist schon eher komplex - und zugleich ein schöner Schlussstein für das ganze "Kaleidoskop".
Auch wenn die "Fugen zwischen den Bau-Steinen", die unterschiedlichen Aspekte und Qualitäten der einzelnen Kapitel des Buches deutlich sichtbar bleiben, ist doch das "Bauwerk" insgesamt allen zu empfehlen, die eigenes Führungsverhalten besser reflektieren wollen - sowohl als Führungskraft in Organisationen wie auch als Coach in einer Beratungsbeziehung.

Dr. Klaus Schenck

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