Das moderne und populäre Beratungsformat „Coaching“ ist begrifflich schwer zu fassen und wird in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen verwendet. Als Containerbegriff bedarf er einer inhaltlichen Präzisierung, um verständlich zu sein. Zur qualitativen Einordnung eines Coaching-Angebots hat es sich bewährt, das zugrundeliegende Menschenbild, auf dem eine Methode basiert und die sich darin transportierten Werte anzuschauen, um die Zielrichtung des Verfahrens besser zu verstehen.
Während viele Coaching-Schulen das Menschenbild und die Grundwerte kaum reflektiert haben, geschwiege denn kommunizieren, verfolgt „Existentielles Coaching“ hier eine gänzlich andere Strategie. Gerade, weil die Werte und das Menschenbild für den ethischen Qualitätsstandard eines Coachings maßgeblich sind, hat dieses Angebot Neuland betreten.
Dieses Konzept geht von vier Grundmotivationen aus, die in einem Coaching als Landkarte und Fahrplan eingesetzt werden: Faktizität, Werte, Ethik und Sinn. In einem von Viktor Frankl beschriebenen und von Alfried Längle weiterentwickelten existenzanalytischen Verständnis ist ein Mensch dann motiviert, wenn er die Situation annehmen kann („Faktizität“), wenn er von einem Wert berührt ist und er etwas mag („Werte“), wenn er sein Verhalten als das Seine empfindet („Ethik“) und, wenn er den Aufforderungscharakter der Situation erkennt („Sinn“). Existentielles Coaching ist also auf Sinnfindung ausgerichtet. Es zentralisiert die Eigenverantwortung einer Person für die Gestaltung seines Lebens und stärkt das individuelle Potential - gerade im Coaching wird dabei die Frage aufgeworfen: „Welche Möglichkeiten kann der Coachee aufgreifen, und wie kann er effektiv mit Begrenzungen und Gegebenheiten umgehen?“ (S. 16)
Dieses anspruchsvolle Vorgehen beschreibt und analysiert also zunächst die Grundstrukturen der menschlichen Existenz, um konkrete Veränderungsschritte im Berufsalltag zu erreichen. In den ersten Kapiteln werden die Leser Schritt für Schritt in die theoretischen Hintergründe der Phänomenologie und Existenzphilosophie eingeführt.
Wer jetzt abstrakte Spekulationen befürchtet, wird durch die anschauliche, verständliche Sprache und die zahlreichen Praxisbeispiele eines besseren belehrt. 74 Abbildungen und 20 Tabellen fassen das Gesagte prägnant zusammen. Die erfahrenen Autoren haben das bewährte psychotherapeutische Wissen der Existenzanalyse auf den Berufsalltag des Coaching angewendet, wo die beste Entscheidung innerhalb eines großen Möglichkeitsspektrums gefunden werden soll.
Fazit: Das Buch stellt eine gelungene Verbindung zwischen allgemeinverständlicher philosophischer, genauer existenanalytischer Theorie und praktischen Anwendungsmöglichkeiten im Coaching dar.
Dr. Michael Utsch