Cover: Herausfordernde Situationen im Coaching.Toolbox Best Practice.
Karin Kiesele, Andrea Schlösser

Herausfordernde Situationen im Coaching.Toolbox Best Practice.

Rezension von Dr. Christine Kaul

3 Min.

Karin Kiesele und Andrea Schlösser legen mit „Herausfordernde Situationen im Coaching“ ein durchweg gut strukturiertes, praxistaugliches und handlungsorientiertes Werkzeugkompendium vor. Ziel ihres Buches ist es, Coaches in schwierigen Situationen Hilfestellung und Inspiration zu geben. Da Anfänger (und manches Mal auch Profis) immer wieder einmal an ihre handwerklichen oder persönlichen Grenzen stoßen und mit Ratlosigkeit, Überforderung und Hilflosigkeit reagieren, richtet sich das Buch an Coaches fast aller Professionalisierungslevel.

Im ersten Kapitel widmen sich die Autorinnen dem Begriff der Herausforderung oder Krise im beruflichen Tun. Was als Herausforderung oder Problem erlebt wird, ist ja sehr individuell, aber der Umgang damit kann mithilfe des Resilienzkonzeptes bearbeitet werden, so die Autorinnen.

Im zweiten Kapitel stehen das Thema des Coachs in seiner Rolle und seinem Selbstverständnis sowie die Typisierung von Klienten im Fokus. Kiesele und Schlösser beweisen in diesem Zusammenhang im Übrigen selbst hohe Professionalität, wenn sie sehr früh im Buch davor warnen, dass sich Coaches überschätzen und die Grenze zur Psychotherapie fahrlässig überschreiten könnten. Ausdrücklich zeigen sie auf, welche Fragestellungen keine Indikation für Coaching darstellen. Die wichtigste Eigenschaft eines Coachs sei die Fähigkeit zur Selbstreflexion und Selbstaufmerksamkeit, betonen die Autorinnen.

Der eher theoretische Teil wird abgerundet durch Betrachtungen zum Coaching-Prozess. Hier findet sich eine übersichtliche Tabelle zu den wesentlichen Unterschieden zwischen Coaching und Psychotherapie.

Die nachfolgenden Kapitel sind sehr praxisorientiert. Eher „einfache“ Problemstellungen – wie etwa „meine Klientin redet ohne Punkt und Komma“ – über die schwierige Situation einer Stagnation im Prozess bis hin zu so ernsten Fragen, wie Coaches damit umgehen sollten, wenn das Coaching-Thema sie selbst stark emotional berührt.

Die Autorinnen geben praktische Vorschläge für mögliche Interventionen und Vorgehensweisen. Nicht immer sind diese überzeugend, wie etwa der Vorschlag, zum Abprüfen einer möglichen Diagnose Depression mit dem Klienten einen der zahlreichen Online-Fragebogen durchzugehen: ein in jeder Hinsicht fragwürdiges Vorgehen. Im Anhang finden sich Muster und Formulare zur Coaching-Vereinbarung, Sitzungsprotokoll, Feedbackbogen und mehr. Ebenso eine Geschichtensammlung zur Arbeit mit Analogien und Gleichnissen.

Fazit: Selten werden Problemlagen im Coaching so „ungeniert“ dargestellt und bearbeitet. Stagnationen im Prozess und das Gefühl der Hilflosigkeit – jeder Coach kennt diese Situation. In der Supervision bespricht man dies selbstverständlich, aber im konkreten Moment, was tun? Manche Vorgehensweisen mögen zu schlicht erscheinen, als Denkanstöße taugen sie jedoch. Ein empfehlenswertes Buch vor allem für noch nicht ganz so erfahrene Coaches und Teilnehmer von Coaching-Ausbildungen.

Dr. Christine Kaul

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