Cover: Karriereberatung. Coachingmethoden für eine kompetenzorientierte Laufbahnberatung. Berlin-Heidelberg: Springer.
Claas Triebel, Thomas Lang-von Wins

Karriereberatung. Coachingmethoden für eine kompetenzorientierte Laufbahnberatung. Berlin-Heidelberg: Springer.

Rezension von Günther Mohr

4 Min.

Thomas Lang-von Wins und Class Triebel legen die aktualisierte und erweiterte Auflage von "Karriereberatung" vor. Sie präsentieren ein Coaching für Menschen in beruflichen Orientierungsphasen. Dieses hat eine vorgegebene Struktur und besteht aus einem Einführungsgespräch und drei Coaching-Sitzungen. Die Sitzungen dienen zur Erstellung einer Kompetenzenbilanz. Die Erstellung der Kompetenzenbilanz beginnt mit einer Erhebung von Erfahrungen im bisherigen Leben. Mittels Leitfragen zu den Kindheits- und Jugendträumen, besonderen Interessen, einschneidenden Ereignissen, wichtigen Lernerfahrungen und bewegender Einflüsse aus dem sozialen Umfeld wird eine "biografische Sammlung" erstellt, die in ein "Lebensprofil" mündet. Eine Tabelle erfasst die Ergebnisse zu den wichtigen Lebensphasen und in den verschiedenen Lebensbereichen. Das erste Coaching soll eine Woche nach dem Einführungsgespräch stattfinden. Es dient zur Besprechung der Lebensprofiltabelle sowie darauffolgend der Analyse von Fertigkeiten. Aus jeder bisherigen beruflichen Aufgabe oder Tätigkeit werden Fertigkeiten abgeleitet. Sie dienen als "kleinste, erlernbare Handlungsschritte, aus denen sich eine Arbeitshandlung zusammensetzt" (S.75). Die Autoren interessiert auch die emotionale Seite, das heißt, wie gerne jemand eine Tätigkeit vollzieht. Die berufliche Erfahrungswelt stellt den Schwerpunkt dar. Aber auch andere Erfahrungen wie die Erziehung von Kindern, die Pflege von Angehörigen oder ein Hausbau gehen in die Ermittlungen der Kompetenzen ein. Als Kompetenzen definieren sie dem Ansatz von Erpenbeck und Rosenstiel aus dem Jahre 2003 folgend dabei "Befähigungen, mit neuen Situationen und bisher unbekannten Handlungsanforderungen erfolgreich umgehen zu können" (S. 91). Das erworbene Können wird in vier qualitativ ansteigenden Stufen unterschieden: Grundlagenwissen, Zusammenhangswissen, Detailwissen, längeres Erfahrungswissen. Die Klienten sind angehalten, die Kompetenzen sehr detailliert zu beschreiben.
Die Autoren räumen ein, dass sie aus den Resultaten und dem Umgehen mit bisherigen Herausforderungen die prognostische Grundlage für das zukünftige Tun ermitteln. So beruht der Ansatz der Autoren auf den bisherigen Reaktionen einer Person insbesondere in Situationen, bei der die Kompetenzen aus den bewältigten Herausforderungen entstehen, also einer Art "critical incident method". Die Coaching-Arbeit fußt sehr stark auch auf der Eigenarbeit des Klienten. Im Einführungsgespräch und den Coaching-Sitzungen werden die Themen beispielhaft behandelt und dann von den Klienten in ausführlichen Hausaufgaben fortgesetzt.
Die Kompetenzen werden klassisch in fachliche, Methoden-, personale und soziale Kompetenzen gruppiert. Auch Werthaltungen werden erfasst. Ähnlich wie bei den Kompetenzen wird auch gefragt, wann die Werthaltungen richtig betroffen oder sogar gefährdet waren und wie damit umgegangen wurde. Alles dient dazu, um es im weiteren Prozess des Coachings zu verwenden. Ein direktes Zielcoaching ist in dieser Kompetenzerfassung nicht enthalten. Allerdings ergibt sich durch das klarere Bewusstsein der eigenen Kompetenzen die Frage nach nächsten Schritten und einem Aktionsplan. Was an Aktion vollzogen wird, hängt nach Erfahrung der Autoren davon ab, welcher Typ der Klient ist: Jemand, der sich konkret umorientieren will oder muss, jemand, der Veränderung sucht, aber erkannt hat, dass er sich nur mäßig verändern will oder jemand, der rein aus Interesse an einer Standortbestimmung kommt. Danach misst sich die Ausgangsfrage des nächsten Schrittes "Was will ich erreichen?". Gibt es hier eine Antwort, so ist die in Richtung auf benötigte Informationen, Zeitpunkte, Schritte und Alternativen bei Nichterreichen zu differenzieren.
Am Ende des Coachings zur Kompetenzenbilanz kann der Klient ein Zertifikat erhalten. Für diese schriftliche Kompetenzen-Dokumentation werden Kernkompetenzen ermittelt. Diese werden in ihrer erfahrenen Menge, Vielfalt, Komplexität und Vernetzung mit anderen Kompetenzen ermittelt. Damit ein Profil sichtbar wird, empfehlen Lang-von Wins und Triebel nicht mehr als drei Kompetenzen pro Kompetenzfeld (fachlich, methodisch, persönlich, sozial) detailliert zu beschreiben.
Interessant ist auch die geschilderte Erfahrung, dass Menschen durchaus mit einem undefinierbaren Wunsch in Richtung Veränderung kommen, durch die Kompetenzenbilanz allerdings zum Schätzen des Bisherigen kommen. Teilnehmer würden ihren bisherigen Weg und die derzeitige Tätigkeit häufig aufwerten. Sie stellten auch fest, dass sie sich nicht radikal verändern müssen, sondern bereits einige geringere Veränderungen der derzeitigen Situation zu einer fundamentalen Verbesserung ihres Befindens führen können. Bei der Kompetenzenbilanz geht es um "eine Möglichkeit, in sehr komprimierter und strukturierter Form eigene Kompetenzen erkennen, benennen und belegen und auf diese Weise eine Standortbestimmung vornehmen zu können" (S. 111).

Ein Kapitel über die Wirkungen, die Wirkfaktoren und verschiedenen Anwendungsfelder schließen das Buch ab. Das Kapitel über Wirkfaktoren und Wirkprinzipien knüpft an die Wirkfaktoren von Grawe an, die dieser ursprünglich für die Psychotherapie entwickelt hatte: Prozessuale Aktivierung, Ressourcenaktivierung, motivationale Klärung und Problembewältigung. Diese vier funktionieren auf der Basis einer guten Beziehung zwischen Berater und Beratenem.
Fazit: Insgesamt wirken das Buch und der in ihm dargestellte Ansatz der Autoren sehr durchdacht, gut strukturiert und mit ausreichend praktischer Evidenz hinterlegt. Klare Anweisungen zur Vorgehensweise, Fallbeispiele, Internetmaterialien zur Unterstützung und eine Menge Erfahrungswerte bieten praktisches Handwerkszeug. Der Ansatz ist begrifflich präzise und an wissenschaftlichen Standards orientiert.

Günther Mohr

Hofheim
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