Zum Thema "Krisencoaching" ist dieses gemäß meiner Recherche das erste Buch. Erschienen ist es in der Reihe "Praxishandbuch Coaching" der mangerSeminare Verlags GmbH. Es ist 360 Seiten stark. Der Buchtitel machte mich neugierig darauf zu erfahren, was bei Krisencoachings anders ist im Vergleich zu "normalen" Coachings.
Der Autor Ralph Schlieper-Damrich, Diplom-Kaufmann und langjähriger Führungskräftetrainer, hat bereits mehrere Bücher rund ums Thema Coaching herausgegeben, nämlich "Wertecoaching in Krisen", "Wertecoaching", "Ermöglichungscoaching", und er ist Mitautor des Buches "Coaching-Tools".
Mit dem ersten Kapitel "Phänomen Krise", das das längste mit knapp 150 Seiten ist, steigt der Autor mit einem Plädoyer für Krisenprävention als Teil der Coaching-Praxis ein. Weitere zentrale Punkte im ersten Kapitel sind u.a. diverse Modelle (z.B. die Memetik, die vier zentralen Funktionsbereiche des Gehirns für die Handlungssteuerung, das Rubikon-Modell, der Coaching-Würfel) und Methoden (z.B. die Methode des lauten Denkens, die Problemraummethode, empathisches Zuhören, Rollentausch, Zeitmaschinenarbeit, Zaubergeschäft, Kino- oder Lebenstheatermetapher). Die drei nächsten Kapitel sind eher kurz: Es geht um Krise selbst (Krisentheorie, - modelle und -dynamik), um Coaching und Krisenpädagogik sowie um konkrete Werkzeuge. Das krönende Abschlusskapitel liefert auf 120 Seiten Praxisbeiträge über den Ablauf von sechs konkreten Krisencoachings.
Am Schreibstil habe ich mich sehr gestoßen, er wirkt sehr wissenschaftlich und manchmal geradezu philosophisch auf mich: Lange, verschachtelte Sätze - durchaus hier und da über zehn Zeilen -, Fremdwörter und etliche Zitate (182 insgesamt) unterbrechen häufig den Lesefluss. Die Überschriften im ersten Kapitel sind als Fragen in Verbindung mit Kurzantworten formuliert, z.B.: "1.4 Psyche? braucht Beherrschung". Mir hat diese ungewöhnliche Form der Überschriften das Erfassen der Logik und die Einordnung der Inhalte sehr erschwert.
Die Vielzahl an Modellen und Methoden finde ich sehr bereichernd, leider werden sie oft nur kurz angerissen, ohne in die Tiefe zu gehen. Um diese Methoden sicher selbst anwenden zu können, bräuchte ich großteils mehr Information und Heranführung. Ganz begierig habe ich die Praxisbeiträge verfolgt, die leicht verständlich geschrieben sind und vielfältige Themen, Situationen und Methoden aufzeigen. Dieser Teil des Buches hat mich besonders motiviert, als Coach hier und da etwas Neues auszuprobieren. Leider ist mir nicht ganz klar geworden, was beim Krisencoaching so viel anders ist als beim "normalen" Coaching.
Fazit: Das Buch bietet eine große Vielfalt an Modellen, Methoden und Impulsen. Es wird auch gestandenen Coaches noch Inspiration geben können. Der Leser braucht jedoch Gefallen an dem wissenschaftlichen Stil.