Cover: Lebenswege. Kartenset.
Susanne Büscher

Lebenswege. Kartenset.

Rezension von Almut Siegert

4 Min.

Coaching findet vor allem im verbalen Austausch statt. Bildkarten sind ein Angebot an Klienten und Klientinnen, über einen zusätzlichen Sinneskanal ihr Inneres zu erforschen. Bilder lassen Abstraktes konkret werden. Sie ermöglichen es, spielerisch Zugang zu verdeckten Gefühlen zu finden. Insbesondere implizite Bedürfnisse und Bewertungen können anhand von Bildern leichter erkannt, reflektiert und verbalisiert werden. Dass Visualisierungen Lern- und Erkenntnisprozesse unterstützen, ist wissenschaftlich gut belegt. Es gibt allerdings noch relativ wenig Forschung über den konkreten Nutzen bzw. die Herausforderungen beim Einsatz von Bildkarten im Coaching und in der Therapie. Gleichwohl werden Bildkarten in der Praxis häufig und mit Gewinn eingesetzt.

Manche Coaches arbeiten mit selbst zusammengestellten Postkartensammlungen oder bitten ihre Klienten und Klientinnen, für sie bedeutsame Bilder in die Sitzung mitzubringen. Andere Coaches greifen auf kuratierte Sets wie das hier besprochene „Lebenswege. 60 Bildkarten für Therapie und Beratung“ von Susanne Büscher zurück. Die Diplom-Sozialpädagogin, Seelsorgerin und Heilpraktikerin für Psychotherapie arbeitet in eigener Praxis im oberbergischen Waldbröl, vor allem zu den Themen Selbstwert, Biografie, Kommunikation und Resilienz. Sie hat bereits das Reinschreibbuch „Ansichtssache – den Blickwinkel erweitern“ veröffentlicht, demnächst erscheint ihr Kartenset zum Thema „Trauer und Abschied“.

Die 60 stabilen Pappkarten im Format 9,8 x 14,3 cm zur Metapher des Lebensweges zeigen vor allem Fotografien von Landschaften und Natur sowie von Straßen, Pfaden, Wegkreuzungen, von Orientierungshilfen wie Fernglas, Kompass und Landkarte und dazu fünfmal Füße (in Gummistiefeln, balancierend, am Abgrund, in Wanderschuhen und große und kleine Füße barfuß). Zudem gibt es zwei Karten mit christlichen Motiven: ein Kreuz auf dem Grab sowie eine Kirche. Die Karten sind fünf Rubriken zugeteilt und auf der Rückseite jeweils entsprechend farblich markiert: (1.) Orientierung und Aktivierung, (2.) Ressourcen und Kraftquellen, (3.) Grenzen und Hindernisse, (4.) Schwere Wege und (5.) Leichte Wege. 

Zu jeder dieser Rubriken hat Büscher in dem beiliegenden 16-seitigen DIN A5-Booklet jeweils 15 bis 20 Fragen entwickelt, die bei der Arbeit mit den Karten hilfreich sein können. Des Weiteren folgen kurze Beschreibungen, wie Coaches die Karten einsetzen können. Etwa, um Klienten und Klientinnen dabei zu unterstützen, sich zu verorten. Oder als Impuls in der Biografiearbeit. Als eine Möglichkeit stellt Büscher hier das Tool „Zeitreise“ vor. „Die Klientin wählt verschiedene Karten aus, ordnet sie bestimmten Erlebnissen oder Zeitabschnitten in ihrem Leben zu und berichtet über diese. Dazu kann ein Seil als Lebenslinie auf den Boden gelegt werden, an dem die Karten aufgereiht werden. Hier kann auch das Thema Abschied, Tod und Trauer mit einbezogen werden.“ (S. 12) Als weitere Einsatzmöglichkeiten werden Paararbeit, kollegiale Fallberatung, Supervision oder Weiterbildung aufgelistet und kurz erläutert.

Kritisch ist anzumerken, dass die ausgewählten Motive möglicherweise weniger universell, sondern vor allem für urbane, westliche, christlich geprägte Klientinnen und Klienten ab dem mittleren Alter „funktionieren“, die Auswahl also eher dem kollektiven Bildgedächtnis, den Werten und der visuellen Prägung dieser Gruppe entspringt. Ein Beispiel: Auf einer Karte, die der Rubrik „Ressourcen und Kraftquellen“ zugeordnet ist, sieht man eine überwachsene, alte Mauer mit einem verwitterten Holztor, durch das die Sonne scheint. Bei vielen westlichen Großstädtern mag das Motiv positive Assoziationen hervorrufen: das Ländliche als Kraft spendender, ursprünglicher Ort. Bei Menschen, die aus agrarisch geprägten Räumen oder Kulturen stammen, gibt es diesen romantisierenden Blick auf das Landleben womöglich nicht, stattdessen könnte das Bild eher Gedanken an Verfall und Rückständigkeit auslösen. Damit lässt sich selbstverständlich ebenfalls arbeiten – es braucht seitens des Coachs jedoch kulturelle Sensibilität und Bewusstheit über die unterschiedlichen (visuellen) Erfahrungen und Bewertungen seiner Klienten und Klientinnen. Dies trifft allerdings auf die meisten Kartensets zu.

Fazit: Wer Klienten und Klientinnen einen intuitiven Zugang zu Gedanken und Gefühlen ermöglichen möchte, findet mit dem Kartenset „Lebenswege“ eine hilfreiche Box für die Coaching-Praxis, insbesondere für die Biografiearbeit.

Almut Siegert

www.almutsiegert.de

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