Bücher zum Thema "Coaching" gibt es bekanntlich reichlich. Vor diesem Hintergrund sind zusätzliche innovative Medien umso mehr willkommen. Dennoch war der Rezensent im ersten Moment reichlich überrascht, als er das angekündigte Coaching-Spiel "Points Of You" in den Händen hielt: Eingepackt in eine Art geschneiderter und mit Sternchen bedruckter Jute-Tasche samt Schleife fand er nicht nur das beiliegende Buch (in einem kleinen Taschenbuchformat), sondern auch eine Art Spielplan, ein Heftchen für Coaching-Notizen zum Herausreißen sowie ein Karten-Set mit 65 bunt bedruckten Karten vor. Wenngleich die äußere Aufmachung - und das Auge isst ja bekanntlich mit - etwas verspielt und "wollsockig" wirkte, zog doch der Inhalt rasch die Aufmerksamkeit auf sich.
So ist das beiliegende Coaching-Buch nach Absicht der Autoren weniger als "bierernste" Literatur zu verstehen, sondern viel mehr als eine Art Inspiration, die vor allem Spaß machen soll. Dies wird auch anhand der vielen Farbfotos deutlich, welche mehr zum Blättern als zum konsequenten Lesen anregen. Zu diesen - eindrucksvollen - Bildern werden jeweils eine kurze Geschichte erzählt, einige Aphorismen bekannter Geistesgrößen zitiert sowie einige prägnante Fragen gestellt.
Zusätzlich enthält das Buch die Gebrauchsanleitung für das beiliegende "Coaching Game", das entweder allein, zu zweit oder in der Gruppe gespielt werden kann. Erforderlich dazu ist etwas Abstand von der Hektik des Alltags sowie die Bereitschaft, sich mit sich selbst und seiner persönlichen Lebenssituation auseinander zu setzen. In einer solchen Stimmung sollen die 65 beiliegenden Karten hervorgeholt und gemischt werden, um dann mit ihrer Hilfe auf dem Spielplan ein oder mehrere Themen zu definieren, die momentan von besonderer Bedeutung sind. Dabei sollen die Bilder gezielt Unterstützung dazu leisten, persönliche Assoziationen anzuregen und die Gedanken kreisen zu lassen. Die Karten sollen auf dem Spielplan entlang verschiedener Kategorien abgelegt werden. Als Oberkategorien der möglichen Themen dienen fünf Serien:
Beim Spiel in der Gruppe können auch die persönlichen Sichtweisen der anderen Mitspieler thematisiert und gegenübergestellt werden. Besonders wirksam wird das "Coaching Game", wenn die Absichten oder konkreten Vereinbarungen mithilfe des ebenfalls beiliegenden Notizblocks nachgehalten werden.
Wie ist das Gesamtwerk dieses israelischen Autorenteams letztlich zu bewerten? Zunächst einmal verdient dieses kreative Ensemble verschiedener Medien besondere Innovationspunkte, wobei die äußere Aufmachung allerdings auch Geschmacksache ist. Als Herzstück erfreut sich der Rezensent an den 65 ausgesprochen eindrucksvollen Farbfotos. Diese haben in etwa halbes Postkarten-Format, mindestens doppelte Größe könnte für eine intensivere Wirkung von Vorteil sein.
Nicht unproblematisch erscheint bei der hier besprochenen Ausgabe die Tatsache, dass auf jeder Karte bereits aufgedruckt ein Stichwort wie "Vollkommenheit" oder "Freude" zugeordnet ist. Diese Zuschreibung passt - verständlicherweise - nicht bei allen Motiven gleich gut (= eindeutig). Für eine unverfälschte Assoziationsgrundlage hätten die Autoren die jeweilige Zuordnung statt im Foto auf der Rückseite der Karte vornehmen sollen.
Im Übrigen hat der Rezensent Zweifel, ob sich tatsächlich leichthin "Spieler" finden lassen, die das "Coaching Game" mit der dazu erforderlichen Ernsthaftigkeit spielen, was ja allemal ein gewisses Paradox in sich selbst darstellt. Wenn aber die gebotene Stimmung zu einer ernsthaften Selbstreflexion, ja fast zu einer regelrechten "Einkehr" erzielt wurde, kann der Weg mithilfe dieser medialen Unterstützung sicherlich erfolgreich fortgesetzt werden, zum Beispiel im Vier-Augen-Coaching.
So eignet sich das "Coaching Game" sicherlich für den "Werkzeugkasten" oder die "Hausapotheke" derjenigen Coachs, die bevorzugt unkonventionelle und innovative Wege beschreiten und sich dabei gern durch kreative "Hardcopy"-Materialien unterstützen lassen. Als Fehlinvestition dürfte sich das "Coaching Game" in diesem Fall nicht erweisen. Und wie für die Verwendung jeder Art von Werkzeug entscheidet auch in diesem Fall letztlich die Qualität des Gesamtwerks darüber, ob die verwendeten Utensilien zielführend verwendet wurden.
Prof. Dr. Klaus Stulle
Corporate Human Resources, Bayer AG, Leverkusen