Ziel des Buchs ist es, mehr Transparenz über die verschiedenen Ansätze der Professionsentwicklung und Professionalisierung im Coaching herzustellen. Der Fokus liegt dabei auf der Analyse der Selbstaussagen ausgewählter deutscher Coaching-Verbände; hierzu zählen für den Autor die sogenannten Roundtable-Verbände (BDVT, DBVC, DCV, DGfC, DGSv, DVCT, EAS, EMCC, ICF, QRC). Dieser Roundtable hat bislang nicht wirklich von sich reden gemacht, außer vielleicht, dass er offensichtlich dazu dient, sich gegen nochmals weitere, mehr als zehn Vereine der Branche abzugrenzen. Der Autor, ein promovierter Ökonom, ist - neben seiner aktuellen Tätigkeit als Coach und seiner Historie als langjähriger Unternehmensberater - seit 2008 Vorstand der ICF-Deutschland; gehört damit dem Inner Circle des Roundtable an.
Anlass seiner Untersuchung, die als wissenschaftliche Arbeit auftritt (Masterthesis in berufs- und organisationsbezogener Beratungswissenschaft, m.a. bob Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg), ist es, Transparenz herzustellen und Vergleichbarkeit der Professionalitätsaussagen der Coaching-Verbände zu ermöglichen, indem er einen Bezugsrahmen liefert. Dazu rekurriert er auf das Kompetenzmodell und Standards für die Beratung nach Schiersmann et al. (2008) und sortiert mit diesem Raster via Dokumentenanalyse die Selbstaussagen der Verbände.
Im zweiten Kapitel geht es um den Stand der Forschung: Was meint Profession, Professionalität und Professionalisierung? Birgmeier, Kühl und Schmidt-Lellek haben hier längst den Boden bereitet. Profession, so zitiert der Autor Bernd Schmid, ist ein soziales Phänomen. Es bedarf eines Beobachters, der diese zuschreibt. (Eine wichtige und richtige Erkenntnis, die aber nicht weiter verfolgt wird). Fritsch unterschlägt nicht die heutzutage beobachtbaren Deprofessionalisierungstendenzen und schließt sich Schmidt-Lellek (2007) an, der formulierte, professionelles Handeln könne verstanden werden als Fähigkeit " ... mit Ungewissheiten umzugehen und sich dafür hinreichende Wissens- und Handlungs-Ressourcen interdisziplinär zugänglich zu machen".
Als Institutionen der Profession und Professionalisierung werden als drittes Kapitel auf wenig mehr als drei Seiten Hochschulen, private Ausbildungsinstitute sowie Verbände genannt. Es schließt sich das umfangreichere vierte Kapitel zu den Beiträgen der Verbände zur Professionsbildung und Professionalisierung an: Zugangsvoraussetzungen, Kompetenzmodelle, Qualifizierungskonzepte, Zertifizierungen, Standards sowie Qualitätssicherung.
Die Schlussfolgerungen all dieser Betrachtungen liefert das fünfte Kapitel: Von Kohäsion im Feld Coaching kann keine Rede sein! Schon die Verwendung von Begriffen ist nicht konsistent, erst recht nicht die von Konzepten. Das heißt, im Feld herrscht, will man es positiv ausdrücken, Vielfalt. Negativ betrachtet kann man es auch Unübersichtlichkeit oder Kleinstaaterei nennen. Dabei belässt es der Autor nach 50 Seiten. Einen Vergleich mit der Situation anderer Professionen schließt er als "den Rahmen dieser Arbeit sprengend" aus.
Es folgen im Anhang über 100 Seiten Tabellen, durch die sich der Leser selbst durchkämpfen muss; was die soeben benannte Unübersichtlichkeit bezeichnenderweise spiegelt. Hier wäre mehr drin gewesen, dafür hätte man sich breiter mit der Kompetenzmodellierung, beispielsweise sensu Erpenbeck und von Rosenstiel auseinandersetzen müssen. Bezeichnenderweise fehlt auch eine Inhaltsanalyse der nach dem Schiersmann-Modell geclusterten Fundstücke, so dass die Ergebnisse lediglich deskriptiv aufgezählt werden. Das Buch liefert somit zwar eine eingeschränkte und nicht wirklich übersichtliche Bestandsaufnahme. Diese verbleibt aber weit hinter den Möglichkeiten der empirischen Sozialforschung zurück. Auch der Bezug auf das theoretische Modell erscheint lediglich referenziell - aber nicht forschungsleitend. Der Mehrwert des Buchs erscheint somit eingeschränkt: Das Buch wird vielleicht auf Interesse von Verbandsfunktionären stoßen, eine breite Leserschaft wird dieses Buch aber - leider - kaum begeistern können.