Erik de Haan leitet das Masters of Executive Coaching-Programm (AMEC) des renommierten Ashridge Instituts in der Nähe von London. Mit seinem Buch Relational Coaching, das zuerst auf Holländisch erschienen ist, legt er eine Studie in drei Teilen vor. Im ersten Teil beschreibt er die Herausbildung von Coaching als Profession und differenziert hier vor allem die Unterschiede zu (psycho-) therapeutischer Praxis, nutzt jedoch die Forschungen über Wirkung und Effektivität von psychotherapeutischen Verfahren, um ihre Übertragbarkeit und Validität bezogen auf Coaching zu diskutieren.
Im zweiten Teil stellt er eigene Forschungen vor, die anhand einer Befragung von Executive-Coachs zuerst die Frage beantwortet, welche Interventionen für die Kunden nützlich sind. Sodann beschreibt der Autor auf einer hermeneutisch tieferen Ebene dieser Erhebung, wie Coachs mit kritischen Momenten im Coaching-Prozess selbst umgehen und diese handhaben. Der dritte Teil konzentriert sich auf Wege zur Exzellenz und beschreibt darin hauptsächlich die professionelle Entwicklung von Coachs, wie sie von Ashridge in einem Executive-Coach-Programm angeboten und durchgeführt wird.
Das Buch mit seinen zwölf Kapiteln liest sich flüssig. Jedes Kapitel enthält am Schluss eine knapp konzentrierte Zusammenfassung. Der Anhang des Buchs unterfüttert Titel und Anspruch überraschend und einleuchtend: Er dokumentiert 80 kritische Momente von neuen Coachs und weitere 78 von erfahrenen Coachs (die allerdings textlich umfangreicher sind als die der neuen Coachs). Sie waren in Teil II des Buches auf ihren Kundennutzen und auf kritische Momente hin untersucht worden. Weitere Anhänge dokumentieren eine Fallstudie (Tamara) und ein Verbatim (Ken) sowie einen "Code of Conduct for Executive Coaches" und Instrumente und Formulare für den Beginn eines Coaching aus der Sicht des Coaching-Nehmers, des Coachs und schließlich für trianguläre Kontrakte.
Inhaltlich liegt der Autor mit seiner Betonung der Beziehungsqualität ganz in der Nähe zur Forschung von Maria L. Staubach: Relationiertes Expertentum (2007). Anders allerdings als Staubach legt de Haan keine systemtheoretisch stringent fundierte Studie zu Kommunikation und Co-Produktion im Coaching vor. Vielmehr nutzt er seine breite Übersicht über psychologische Forschungen und Ergebnisse zur Wirksamkeit beraterischer Interventionen und Interaktionen im angelsächsischen Kontext. Aus ihnen resümiert er auf eher pragmatische Weise. Seine eigenen Erhebungen untermauert er aus einem relevanten, wenn auch zahlenmäßig relativ begrenzten Sample von Executive Coachs.
Ein Buch, das exemplarisch und im besten Sinne die angelsächsische und internationale Coaching-Kultur repräsentiert. Und ein Buch, das für die Entwicklung der Coaching-Kultur in Deutschland, insbesondere an Universitäten und für Coaching-Ausbildungen, eine anspruchsvolle Herausforderung darstellt.
Dr. Konrad Elsässer
Senior Berater, Schwertl & Partner, Frankfurt am Main
ke@schwertl-partner.de