Die Autorin legt ein qualitativ und quantitativ umfängliches Buch vor, das das Zeug hat zum Standardwerk hat, auch dann, wenn man dem Gedanken nicht folgen mag, dass die dargestellte, von der Autorin entwickelte Triadische Karriereberatung eine ganz eigenständige Beratungsform sein soll.
Das Buch ist in zwei große Teile untergliedert. Der erste Teil ist im Wesentlichen der Differenzierung und definitorischen Abgrenzung verschiedener Aspekte gewidmet. So grenzt die Autorin unterschiedliche Formen berufsbezogener Beratung voneinander ab. Sie skizziert die Rolle des Beraters in den unterschiedlichen Beratungstypen und Settings. Hervorzuheben ist der hier deutlich werdende, hohe berufsethische Anspruch, der die Autorin auszeichnet. Sie widmet der Indikationsstellung auch deshalb einigen Raum.
Die Triadische Karriereberatung ist - so betont die Autorin - deutlich eingeschränkt auf bestimmte Klienten-Charakteristika und Fragestellungen. Daher ist der Einsatz sorgfältig gegenüber anderen Methoden und Beratungsformen abzuwägen. Das Reservoir für potenzielle Beratungskunden stellen die Gruppen der Akademiker, Führungskräfte, Manager und fachlichen Spitzenkräfte dar. Notwendige axiomatische Setzung ist die Basistriade des Klienten: Person, Profession, Funktion. Das heißt, im Produkt der Interaktion der individuellen Persönlichkeit, ihrer professionellen Herkunft und ihres Werdegangs und ihrer beruflichen, funktionalen Entwicklung findet der Karriereberater sein beraterisches Aufgabenfeld.
Im zweiten Teil des Buchs wird sehr praxisorientiert und an markanten Karrierebeispielen vorgeführt, wie die konkrete Arbeit in der Triadischen Karriereberatung aussehen kann. Dabei wird den persönlichen Werten eines Menschen besondere Bedeutung eingeräumt. Rappe-Giesecke veranschaulicht beeindruckend, welch unterschiedliche und kreative Wege sie als Beraterin beschreitet, um das Wertesystem ihres Klienten im Beratungsprozess transparent und erklärungswirksam zu machen. Hilfreich sind dabei in diesem zweiten, praktischen Teil der Veröffentlichung Fotografien und "O-Ton"-Einschübe aus den Sitzungen.
Den Zugang allerdings zur Idee der Autorin, hier eine eigenständige Beratungsform vorzufinden, wird erschwert durch die zahlreichen Tools, Interventionsvorschläge und theoretischen Modelle, die (nicht nur) im Coaching, sondern auch in der Psychotherapie, schon lange ihren Platz haben.
Der Text ist zudem leider insgesamt nicht ausreichend Korrektur gelesen. Neben fehlerhaften Schreibungen - der Leser fühlt sich häufig unvermittelt angesprochen, wenn immer mal wieder ein "sie" (Plural) groß geschrieben wurde - leistet sich die Autorin aber auch die eine oder andere sprachliche Ungeschicklichkeit, die ein Redakteur sorgfältiger Weise nicht undiskutiert hätte lassen sollen.
Dieses Werk ist sozialwissenschaftlichen Laien eher nicht zu empfehlen. Dazu ist die sprachliche Ausgestaltung zu fachlich und die Differenziertheit, mit der der Stoff behandelt wird, ist teilweise auch für Berater-Professionals anstrengend, und teilweise auch redundant. Hier ist die Freiheit des Weiterblätterns konsequent zu nutzen. Für die Berater und Coachs, die schon etliche Erfahrungen mitbringen, ist dieses Buch trotzdem als Reflexionsgrundlage hilfreich, um die berufliche Rolle, eigene Qualitätsansprüche und Arbeitsroutinen kritisch zu betrachten. Und natürlich ist das Buch zur Erweiterung des Methodenrepertoires überaus geeignet.