Cover: Was soll ich tun? Eine Geschichte der Beratung.
Haiko Wandhoff

Was soll ich tun? Eine Geschichte der Beratung.

Rezension von Hans-Jürgen Ramisch

3 Min.

„Rat geben“ bzw. „beraten“ ist so alt wie die Menschheit. Die Spannbreite reicht von der kostenlosen Beratung unter Freunden bis hin zur professionellen Beratung gegen Geld. Rund 3000 Jahre Entwicklungsgeschichte der Beratung lassen sich nachvollziehen. „Welche Trends gab es früher?“, „Welche Trends gibt es aktuell?“ – und „Welche Erkenntnisse können wir daraus gewinnen?“ Der Beantwortung dieser Fragen stellt sich Haiko Wandhoff und legt mit „Was soll ich tun?“ erstmals eine umfassende, lesenswerte Geschichte der Beratung vor.
Als Schwerpunkt der Betrachtung ist das klassische Beratungsgespräch anzusehen. Vier wesentliche Aspekte der Beratung sind über die Jahrhunderte hinweg wichtig: der Zeitgewinn durch die Beratung („Entschleunigung“), das eigene Nachdenken über die Problematik („Selbstreflexion“), das Vertrauen zum Ratgeber und die endgültige Entscheidung über die Handlung durch den Ratsuchenden.
Im Buch folgen nach einem einführenden Kapitel zu den Grundfragen neun weitere Kapitel in einer chronologischen Einteilung. Der Anfang liegt in den – mangels Klartexten – auslegungsfähigen Orakelsprüchen der griechischen Antike. Die „Rätselhaftigkeit“ des Ratschlages verlagerte alle Fehler bei der Zielerreichung auf den Ratsuchenden. Mit dem Untergang des römischen Reiches kommt es zu einer Zäsur in der Beratungskultur. Zugleich schafft das sich ausbreitende Christentum eine Art „Beraternetz“. Besonders behandelt Wandhoff für den Zeitraum des Mittelalters mit „consilium et auxilium („Rat und Hilfe“)“ die Suche nach dem einvernehmlichen Ratschluss zwischen hohen Adligen (Königen, Fürsten usw.) und ihren Gefolgsleuten. Auch die Problematiken „Frauen als Beraterin im Mittelalter“ und das Aufkommen der „Geheimen Räte“ (z.B. Goethe) werden näher analysiert.

Auf dem Weg in die Neuzeit wandelt sich die Auffassung über die Beratungsnotwendigkeit. Jetzt wird die Suche nach Beratung als Schwachheit ausgelegt. Der Autor spannt den Bogen von religiösen Hilfen („Heiliger Geist“) über Siegmund Freuds Psychoanalyse bis hin zum „Inneren Team“ von Friedemann Schulz von Thun. Die Ratgeberliteratur ersetzte vielfach die Berater und blickt mittlerweile auf rund 500 Jahre Geschichte zurück. Mit der Betrachtung der Politikberatung wird der Weg in die ausführliche Behandlung der Gegenwart geebnet. Heute haben wir, wie die Zahlen zeigen, eine erneut geänderte Nachfrage nach Beratung, die in einem „Beratungsboom“ mündet. Wandhoff ermittelt aktuell in Deutschland rund 15.000 Beratungsunternehmen mit ca. 50 Sparten für professionelle Beratung – und diese Zahlen sind sicher niedrig gegriffen.

„Was soll ich tun?“ ist eine anregende Lektüre mit vielen Erkenntnissen zu Beratung und Coaching und deren Entwicklungsgeschichte. Dabei kann Wandhoff wesentliche Informationen aus seiner Coaching- und Beratungserfahrung einbringen und verknüpfen. Ein ausführliches Anmerkungsverzeichnis und ein umfangreiches Literaturverzeichnis runden das Werk ab. Auf ein Stichwortverzeichnis kann aufgrund der Vielzahl sich wiederholender Begriffe gerne verzichtet werden.

Fazit: Eine ausführliche Geschichte der Beratung mit vielen Literaturverweisen, hilfreich und sehr empfehlenswert für alle Coaches und Berater.

Hans-Jürgen Ramisch

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