Bilder sagen mehr als tausend Worte, so besagt es das Sprichwort. Denn Bilder können Themen und Gefühle transportieren, die oft nur schwer in Worte zu fassen sind. Das Malen ist sowohl im Coaching als auch in anderen Beratungsformaten seit langem eine hilfreiche Methode, um Inneres sichtbar zu machen. Sabine Mertens' Buch "Wie Zeichnen im Coaching neue Perspektiven eröffnet" ist ein umfangreiches Werk, welches die unterschiedlichen Möglichkeiten des Zeichnens als Intervention im Coaching-Prozess beschreibt.
Anhand zahlreicher Abbildungen von Klienten aus der Praxis der Autorin stellt Mertens verschiedenste Deutungsperspektiven vor und erläutert diese. Im ersten Teil des Buches geht es um die Arbeit mit den selbst gezeichneten Bildern der Klienten. Hier wird beschrieben, wie der Einstieg ins Coaching gelingen kann, welche Einstiegsaufgaben hilfreich sind und wie mögliche Bilddeutungen vorgenommen werden können.
Durch den zum Teil sehr wissenschaftlichen Schreibstil ist die Lektüre an einigen Stellen anspruchsvoll, und die zahlreichen, in den Fließtext eingefügten Internetlinks unterbrechen den Lesefluss. Durch den häufigen Wechsel von Textpassagen und Bildserien ist ein Hin- und Herblättern notwendig. Ein zum unmittelbaren Text gehörendes Bild würde die Handhabung des Buches vereinfachen.
Interessant sind die von der Autorin vorgenommenen Theoriebezüge, denen mit Hilfe von Literaturhinweisen nachgegangen werden kann. Anhand der zahlreich beschriebenen Betrachtungsmöglichkeiten der Bilder wird deutlich, dass Mertens viel Praxiserfahrung besitzt. Ob die gewählten Klientenbeispiele mit Diagnosen wie „posttraumatische Belastungsstörung mit einer depressiven Reaktion“ tatsächlich Klienten für das Coaching sind, ist strittig. Ebenso ist der ausführliche Teil über Traumata aufgrund der Abgrenzung zwischen Therapie und Coaching überdenkenswert.
Kurze Erläuterungen zu prozessrelevanten Themen wie „Übertragung/Gegenübertragung“ sind gesondert gekennzeichnet und stellen eine hilfreiche Ergänzung dar, wenngleich einige Themen wie „Geburt“ weit ausgeholt sind. Die von Mertens gewählten Überschriften wie „Ästhetische Erfahrung zwischen Herzlichkeit und Blutwurst“ oder „Einordung zwischen Rembrandt und Bügelbrett“ erschweren ein Nachschlagen und Wiederfinden von gesuchten Inhalten.
Im zweiten Teil werden sechs ausführliche Fallbeispiele vorgestellt, die die Kompetenz sowie die Herangehensweise der Autorin verdeutlichen. Auch hier werden wieder zum besseren Textverständnis einzelne Begriffe gesondert erklärt. Am Ende des Buches geht Mertens noch einmal der Frage nach „Warum funktioniert Coaching mit selbst gemalten Bildern?“
Fazit: Wer sich für die Anwendungsmöglichkeiten und Arbeitsweisen des Zeichnens im Coaching interessiert, ist mit diesem fundierten Werk gut beraten. Als Methodenhandbuch zum Nachschlagen ist es aufgrund fehlender Struktur eher ungeeignet.