Die große Nachfrage in Kombination mit den noch immer fehlenden verbindlichen Qualitätsstandards haben zu einem sehr heterogenen und intransparenten Coaching-Markt geführt. Coachs unterschiedlichster Herkunft und Qualifikation bieten Coaching zu mittlerweile fast allen Themen, für verschiedenste Zielgruppen und mit teilweise sehr kreativen Methoden an. Doch über einige Fragen wird immer wieder gestritten: Aus welchen Anlässen nehmen Kunden Coaching tatsächlich in Anspruch? Welche Methoden führen zu einem aus Kundensicht erfolgreichen Coaching? Und vor allem: Was genau macht ein Coaching erfolgreich?
Bestechend ist die Stringenz, mit der die Autorin das Feld untersucht und abgearbeitet hat. Von der passenden Theorie (Zielsetzungstheorie von Locke und Latham) über die Auswahl der Methode (anonyme Fragebögen) bis hin zur Unterstützung bei der Erreichung der Zielgruppe durch zahlreiche bekannte Coachs, die wiederum ihre Klienten um Mitarbeit gebeten haben, geht es in diesem Buch. Mittels statistischer Auswertungsverfahren werden die kritischen Erfolgsfaktoren ermittelt.
Das Ergebnis ihrer Untersuchung, in der sie über 90 Coaching-NehmerInnen befragt hat, zeigt unter anderem, dass ein zielorientiertes Vorgehen maßgeblich zu einem erfolgreichen Coaching beiträgt. Konform mit der Zielsetzungstheorie führen spezifische Ziele, eine hohe Zielbindung (des Coaching-Nehmers) sowie regelmäßige Zielerreichungskontrollen zu einer hohen Zielerreichung.
Bemerkenswert an diesem Befund ist, dass der Beitrag zielorientierten Vorgehens für den Coaching-Erfolg somit erstmals nachgewiesen wurde. Ein Coaching-Stil der Form: "Schauen wir mal, was sich so ergibt " oder: "Gut, dass wir mal drüber geredet haben (und jetzt gehen wir wieder zur Tagesordnung über)" bekommt damit Rechtfertigungsprobleme. Doch das reizt zum Widerspruch.
Im Buch wird ausdrücklich Coaching untersucht, das im Rahmen einer (wirtschaftlichen) Organisation mit hierarchischer Struktur und entsprechenden unternehmerischen Zielvorgaben stattfindet. Untersucht wird also, inwiefern der Klient die Ziele des Unternehmens zu seinen eigenen machen kann und das durch Kontrolle des Vorgesetzten und des Coachs auch regelmäßig strukturierend für den Coaching-Prozess in Erinnerung rufen kann. Interessant ist allerdings, welche Hypothese sich nicht bestätigen ließ. So spielt beispielsweise die Freiwilligkeit der Coaching-Maßnahme keine Rolle für den erfolgreichen Verlauf. Da könnte es nahe liegen, dass miss zu verstehen nach dem Motto: Freiwillig, das muss nicht sein! Das wäre somit ein Freifahrtschein, jeden zu schicken, ob er will oder nicht. Und so kann man auch schwierige Mitarbeiter als Führungskraft elegant zur Bearbeitung an den Coach delegieren .
Was mich als Leserin am "Lob der Zielsetzung" stört: Coaching ist eine im Markt erfolgreiche Methode, anders wäre das stetige Wachstum seit 20 Jahren nicht zu erklären. Egal, wie bunt man den Markt findet, Markt selbst heißt, es gibt für die "bunten" Angebote eine faktische Nachfrage, sonst wären sie bereits wieder verschwunden! Ergebnisoffene Coachings gehören dazu. Auch ohne erklärte Zielerreichung erleben Beteiligte - nicht nur in den Unternehmen, sondern auch die Selbstzahler - diese Form der professionellen Unterstützung als konstruktiv, nutzbringend und insofern als qualitativ wertvoll. Stammt nicht vom Coaching-Pionier Wolfgang Looss das Zitat: "Und was wirkt? Die Präsenz. Das Entscheidende ist für mich die Beziehung zwischen Coach und Klient. Die tragfähige, vertrauensvolle Beziehung
" (Coaching-Magazin 01/2008). All diese Einwände werden zwar im letzten Kapitel kurz angerissen, auch im Sinne eines Ausblicks auf noch weitere, dringend zu untersuchende Fragestellungen. Aber das wird nichts an der verdichteten Botschaft ändern, die sich festsetzt - und das vielleicht auch soll: Nur mit Zielvereinbarungen bringt Coaching wirklich etwas. Ganz so einfach sollten wir es uns nun doch nicht machen.