Es gibt auch für den versierten Coach einige Risiken, die ihn direkt betreffen. Der Coach kann sich vor solchen Problemen nur durch Lebens- und Berufserfahrung, eine selbstkritische Einstellung und durch regelmäßige Supervision der eigenen Arbeit schützen.
- Die Urteile und Schlussfolgerungen des Coachs sind auch immer von seiner eigenen Persönlichkeit, Erfahrungen, Lerngeschichte usw. abhängig („Relativitätstheorie“).
- Der Coach darf sich nicht durch den Halo-Effekt täuschen lassen. (Hat man dem Klienten eine positive (negative) Eigenschaft zugeschrieben, so neigt man mit größerer Wahrscheinlichkeit dazu, ihm weitere positive (negative) Eigenschaften zuzuschreiben.)
- Der Coach darf nicht einseitig parteiisch werden. Dies kann besonders bei coachenden Vorgesetzten zum Problem werden, da sie sowohl der Organisation wie auch dem Klienten gegenüber verpflichtet sind. Wirkliche Beratung kann nur dann stattfinden, wenn die Interessen des Klienten eindeutig in den Vordergrund gestellt werden. Dies muss bereits zu Beginn des Coachings beiden Seiten bewusst sein.
- Es sollte vom Coach nicht vergessen werden, dass er seine Tätigkeit gegen Bezahlung ausübt. Er darf nicht der Versuchung erliegen, seine Neutralität zu verlieren, indem er eine narzisstische Befriedigung dem Honorar vorzieht.
- Der Klient darf nicht zur Kompensation eigener, unerfüllter Wünsche benutzt werden („Heldenprojektion“). Der Coach muss aufgrund seiner Selbsterfahrung seine eigenen, unerledigten Probleme kennen und darf diese nicht auf den Klienten übertragen.
- Der Coach ist dem Klienten gegenüber zum aufrichtigen Feedback verpflichtet und darf nicht zum „Ja-Sager“ werden. Dies kann gerade beim Aufbau der Beziehung leicht geschehen. Darauf darf sich der Coach schon aus ethischen Gründen auf keinen Fall einlassen.
- Der Coach darf nicht zum „Drahtzieher“ im Hintergrund („graue Eminenz“) werden. Obwohl sich dies eigentlich von selbst versteht, muss der Coach darauf achten, dass seine Arbeit mit dem Klienten nicht zu direktiv verläuft.
- Der Coach darf nicht zum Ratgeber für alle Lebenslagen („eierlegende Wollmilchsau“) werden, weil er nicht in allen Bereichen kompetent sein kann und weil dies eher zu einer Abhängigkeit des Klienten führen würde (s.o.). Die Grenzen des Coachings und der Fähigkeiten des Coachs müssen eindeutig erkennbar sein.
- Trotz Erreichen der Ziele wird das Coaching fortgesetzt und verläuft nun eher schleppend: Der Coach sollte hier das Coaching beenden.
- Idealisierungen und Glorifizierungen seiner Person oder Tätigkeit muss der Coach selbstkritisch einschätzen und begegnen können. Damit verbunden sind i.d.R. zu hohe Erwartungen, die unmöglich vom Coach erfüllt werden können. Hier sollte der Coach rechtzeitig (sich und) anderen gegenüber seine realen Möglichkeiten klar darstellen.
- Der Coach darf sich nicht auf „Machtspiele“ mit dem Klienten einlassen. Zeigt der Klient entsprechende Verhaltensweisen, so sollte dies im Coaching thematisiert werden.
- Der Klient hat zu hohe oder falsche Erwartungen an das Coaching. Dieser Bereich sollte möglichst schon im Erstgespräch geklärt werden.
- Der Coach darf nicht zum „Missionar“ werden (auch und besonders nicht im Auftrag von der Organisation, bei der der Klient arbeitet): Der Klient muss freiwillig das Coaching wünschen.
- Auch wenn das Coaching von der Personalabteilung bezahlt wird, darf der Coach nur den Zielen des Klienten verpflichtet sein. Dies muss sowohl der Organisation wie auch dem Klienten deutlich sein, ansonsten kann keine glaubhafte Beratung stattfinden.