Führungskräfte, die mit Konflikten konfrontiert werden, versuchen gerne den Konflikt (teilweise mit „Brachialgewalt“) vorschnell zu lösen oder beauftragen einen Berater, um den Konflikt für sie zu bereinigen. Beide Wege sind kritisch zu sehen, da die Aussicht auf Erfolg zweifelhaft ist – von kontraproduktiven Effekten ganz abgesehen. Gibt es bessere Alternativen?
Coaching-Expertin Dr. Astrid Schreyögg (Profil in der Coach-Datenbank) stellt in ihrem Werk „Konfliktcoaching“ (2002) verschiedene Konfliktkonstellationen genau aufgeschlüsselt dar und beschreibt, wie ein Coach in entsprechenden Situationen agieren kann. Eine vorschnelle Lösung ist meistens monokausal, d.h. man „schiebt“ den Konflikt meist einem Umstand oder einer Person(engruppe) zu. Dies greift nahezu immer zu kurz, da Konflikte – hier sind sich die Experten in seltener Einmütigkeit einig – immer multikausal sind. Genauere Konfliktanalysen zeigen, dass mehrere Faktoren und Ebenen an einem Konflikt beteiligt sind und daher auch bei einer Konfliktlösung berücksichtigt werden sollten. Als „grundlegendes gedankliches Raster“ empfiehlt Schreyögg (S. 45) daher, die folgenden vier Ebenen bei der Analyse von Konfliktursachen zu berücksichtigen:
Vom Coach verlangt eine derartige Analyse ein interdisziplinäres Konfliktverständnis. Erfahrungsgemäß zeigt sich, dass Konflikte mindestens auf zwei Ebenen angesiedelt sind.
Die Komplexität von Konfliktursachen deutet schon darauf hin, dass hier die Hilfestellung eines Beraters nützlich sein kann. Doch sollte eine Führungskraft stets berücksichtigen, dass ein „Abwälzen" eines Konfliktes auf den Berater zur Folge haben kann, dass die Mitarbeiter ihrer Führungskraft Schwäche zuschreiben. Die bessere Alternative besteht daher darin, die Führungskraft so zu beraten, dass sie ihre Konflikte nach außen selbständig bearbeiten kann. Genau hier setzt Coaching als niedrigschwellig verfügbare und diskrete Beratungsform an:
Besonders der letzte Punkt sei hervorgehoben, weil er betont, dass Konflikte per se nicht negativ einzuschätzen sind, sondern immer auch Ausdruck dafür sind, dass ein Veränderungsdruck existiert, der auch positiv genutzt werden kann. Dies ist keine „Schönfärberei“ von Konflikten. Natürlich gibt es Konflikte, die niemand als etwas Positives einzuschätzen vermag, dies soll hier gar nicht bestritten werden. Konflikte haben aber auch immer Ursachen und oft entstehen eskalierende Konflikte genau deshalb, weil diese Ursachen rigoros ignoriert wurden. Ein deutlich zu Tage tretender Konflikt bietet dann zumindest die Möglichkeit, nicht länger die Augen vor Problemursachen zu verschließen und schafft somit die Notwendigkeit einer Veränderung. Daher kann Konfliktstimulation nach Schreyögg als Methode z.B. dann eingesetzt werden, wenn ein „erstarrtes“ Unternehmen flexibilisiert werden soll und Innovationen einzuführen sind. Konkrete Maßnahmen, die Führungskräfte zur Konfliktstimulation mit ihrem Coach erarbeiten können sind (Schreyögg, 2002, S. 127ff.):
Natürlich sind neben diesen Anregungen noch eine Vielzahl von weiteren Möglichkeiten denkbar. Grundsätzlich können Aspekte wie Rivalität, Wettbewerb und emotionale Kontroversen sich von innen gegen eine Organisation richten, aber auch durchaus das Erreichen der Organisationsziele begünstigen. Entscheidend dabei ist die Gestaltung der Rahmenbedingungen, in denen Konflikte sich abspielen können. Hier sind Führungskräfte besonders gefordert, was die Unterstützung durch einen Coach sinnvoll machen kann.
Wichtig:
Konflikt-Coaching ist kein Synonym für Mediation. Während der Mediator allparteilich eine Vermittlung versucht, ist es die Aufgabe des Konflikt-Coachs, seinen Klienten bei der Bearbeitung oder Stimulation von Konflikten profunde Hilfestellung zu geben.