Coaching ist keine verdeckte Psychotherapie für Manager, auch wenn viele Methoden aus psychotherapeutischen Schulen eingesetzt werden (Gesprächsführung, kognitive Verfahren, Kreativitätsübungen, Rollenspiele uvm.). Prinzipiell richtet sich Coaching an „gesunde“ Personen und widmet sich vorwiegend den Herausforderungen, die aus der Berufsrolle heraus entstehen. Dies kann natürlich mit privaten Anliegen und persönlichen Schwierigkeiten zusammenhängen, Ausgangspunkt sind aber hauptsächlich die mit der „Berufspersönlichkeit“ zusammenhängenden Anliegen, die ohne entsprechendes Fachwissen des Coachs nicht bearbeitet werden können.
Psychische Erkrankungen, Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängigkeit oder die Betrachtung der gesamten Lebensgeschichte eines Klienten obliegen ausschließlich entsprechend ausgebildeten Psychotherapeuten, Ärzten und medizinischen Einrichtungen; sie sind nicht das Aufgabenfeld eines Coachs.
Unterschiede | |
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Coaching | Psychotherapie |
Zielgruppe sind i.d.R. Personen mit Management-Aufgaben | Keine vorbestimmte Zielgruppe bzgl. Aufgabe oder Funktion |
Wurde im Profit-Bereich entwickelt und wird dort hauptsächlich angewendet | Non-Profit-Bereich als Anwendungsgebiet |
Im Vordergrund steht die berufliche Rolle bzw. damit zusammenhängende Anliegen des Klienten (Schwerpunkte: Leistung und Führung). Ein konkreter Bezug zur Unternehmensrealität ist vorhanden | Bearbeitung tiefgehender privater und persönlicher (psychischer) Schwierigkeiten unter Berücksichtigung der individuellen Lebensgeschichte. Die thematisierten Probleme können auch weiter zurückliegen |
Die Selbstmanagementfähigkeiten des Klienten müssen funktionstüchtig sein | Der Mangel an Selbstmanagementfähigkeiten macht i.d.R. eine Psychotherapie notwendig |
Meist geringe emotionale Tiefe der thematisierten Probleme | Oftmals werden tiefgehende emotionale Probleme thematisiert |
Für schwerwiegende psychische Probleme ungeeignet | Explizite Ausrichtung auch auf schwere psychische Probleme |
Auch rein (betriebs-)wirtschaftliche Leistungsziele werden verfolgt | Wiederherstellung der psychischen Gesundheit des Individuums auf ein funktional angemessenes bzw. mögliches Niveau |
Überdurchschnittliche Leistungsentfaltung als Ziel | Häufige Pathologisierung nicht durchschnittlichen Verhaltens |
(Betriebs-)Wirtschaftliche Fachkompetenz und Unternehmenserfahrung des Coachs samt Managementwissen ist notwendig | I.d.R. hat der Psychotherapeut keine entsprechenden Kompetenzen |
Coach und Klient bestimmen zusammen Inhalt und Ablauf; der Klient behält die Verantwortung für sein Handeln | Oftmals Übernahme der Verantwortung durch den Therapeuten, der auch Inhalt und Ablauf bestimmt |
Zielorientierte Bearbeitung von Anliegen, Erreichen eines Soll-Zustandes | Oftmals ursachenorientiertes Analysieren von Problemen (nicht ausschließlich!) |
Themen wie „Macht" und „Hierarchien“ werden eher akzeptiert als kritisiert | Tendenziell kritischer Umgang mit Themen wie „Macht“ und „Hierarchien“ |
Meist hohe Kosten bei den Varianten mit externem Coach | Kosten werden i.d.R. von den Versicherungsträgern übernommen |
I.d.R. kurz- bis mittelfristige Maßnahme | Oftmals lange Dauer |
Kann an verschiedenen Orten stattfinden | Findet meist in psychotherapeutischer Praxis statt |
Quelle: Rauen, Christopher (2014). Coaching. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Göttingen: Hogrefe
Gemeinsamkeiten |
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Verwendung psychotherapeutisch basierter Methoden und Interventionen |
Analyse der Wahrnehmung der Aufgaben und der Gestaltung der Rolle |
Die Rolle des Beraters als Zuhörer und Gesprächspartner |
Beschäftigung mit den Erlebnissen des Klienten |
Reflektierende Verfahren werden eingesetzt |
Beziehungsaufnahme und -gestaltung als Ziel |
Wird praktiziert durch externe Berater |
Verhaltenserweiterung bzw. -flexibilisierung beim Klienten |
Quelle: Rauen, Christopher (2014). Coaching. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Göttingen: Hogrefe
Die Ausübung psychotherapeutischer Maßnahmen obliegt entsprechend ausgebildetem Fachpersonal. In ihrem Beitrag zum Coaching-Magazin 2/2015 (Rubrik: Spotlight; Titel: „Ist Coaching Therapie? Eine Abgrenzung zu Heilpraxis und Psychotherapie anhand der gängigen Rechtslage“) geht Coach und Juristin Nina Meier der Frage, wann die Grenzen von Coaching zur Psychotherapie überschritten sind, aus rechtlicher Perspektive auf den Grund. Aus dem Beitrag gehen u.a. folgende rechtliche Implikationen hervor:
Psychotherapie darf nur von Personen ausgeübt werden, die über eine Erlaubnis nach dem Psychotherapeutengesetz (PsychThG) verfügen. Als Ausübung der Psychotherapie definiert § 1 Abs. 3 PsychThG jede mittels wissenschaftlich anerkannter psychotherapeutischer Verfahren genommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Störungen mit Krankheitswert, bei denen Psychotherapie indiziert ist. Im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung ist eine somatische Abklärung herbeizuführen.
Ohne eine Zulassung als psychologischer Psychotherapeut oder als Heilpraktiker ist es verboten, Dienstleistungen durchzuführen, die die Diagnose und Behandlung u.a. folgender Krankheiten bzw. Krankheitsbilder beinhalten: Phobien, Depressionen, Suchtkrankheiten, Magersucht/Bulimie und Angstzustände.